Karibik

Schwieriger Neustart...          (02.05.2024)

Fast 5 Monate ist mein letzter Blogeintrag jetzt her. Auf Youtube und hin und wieder auch auf Instagram haben wir Euch auf dem Laufenden gehalten aber Erlebnisse aufzuschreiben hat einfach noch einmal eine andere (für mich sehr schöne) Dimension, die man beim Videos schneiden und Fotos hochladen nicht reproduzieren kann. Ich spüre, dass es an der Zeit ist, mir die letzten Monate noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen und ein paar Zeilen darüber zu schreiben.

Wo fange ich an.. Am besten am Anfang. Und als wir Mitte Januar wieder auf der Werft in Tyrell Bay, Carriacou stehen, mit Übergepäck ohne Ende und seit 2 Tagen auf der Reise, fühlt sich das wirklich wie ein ganz neuer Anfang für mich an. Ein kleiner, glücklicher Schauer läuft mir über den Rücken, als ich Wanderling schon von der Fähre aus am gleichen Platz stehen sehe, an dem ich sie vor 8 Monaten zurückgelassen habe. Was für eine Erleichterung und ein wirklich schöner Moment. 

 

Die Glückssträhne hält an: Auch das Bootsinnere hat unsere Abwesenheit schadlos überstanden. Ganz anders als beim letzten Mal auf Trinidad, als ich erst einmal „kernsanieren“ durfte. Nach einem ausgiebigen Umräum- und Putzeinsatz können wir noch am selben Tag an Bord unsere Koje beziehen. 

 

Aus den geplanten ca. zwei Wochen Werftaufenthalt werden am Ende vier und auch die Kosten übersteigen bei Weitem das geplante Budget für dieses Refit. Am Ende steht Wanderling aber auch wirklich so gut wie lange nicht da: Neue Ruderlager, neues Wellenlager, neuer Unterwasser-Farbaufbau, umfassende Laminierarbeiten an der Kiel-Rumpf Verbindung und am Skeg, Maschinenservice, Seeventil getauscht, neuer Schwarzwassertank und tausend Kleinigkeiten.

Wanderling hat unsere lange Abwesenheit dieses Mal gut überstanden
Wanderling hat unsere lange Abwesenheit dieses Mal gut überstanden

Eine sehr anstrengende Zeit, vor allem weil mich seit Wochen eine Magenentzündung plagt. Ich muss langsam machen, was mir angesichts der langen To-Do-Liste immer wieder sehr schwer fällt. 

 

Aber es gibt auch viele Momente zum Glücklichsein in dieser Zeit. Wir freuen uns einfach so sehr, wieder hier, wieder frei zu sein und die gefühlte Enge zwischen Prüfungsstress, Geld verdienen und kaltem Regenwetter in Deutschland nun hinter uns gelassen zu haben. Für so lange, wie wir wollen. Luisa hat alle Prüfungen geschafft, Ihr Staatsexamen in der Tasche und kann sich nun auch wieder ganz dem Reiseleben hingeben.

 

 

Ein paar Tage nach unserer Ankunft auf Carriacou nehmen wir Leni, Janschek und Sören die Leinen an. Die drei haben gerade auf der GibSea 38 „Nordklang“ den Atlantik überquert! Carriacou ist ihr erster Landfall nach drei Wochen auf See. Wir freuen uns sehr und lauschen gespannt den See-Geschichten. Später geht es noch ins „Lambie Queen“, eines der lokalen Bistros mit Pizza und kühlen Getränken. Viele Segler verbringen hier die Abende und so treffen wir spontan Yogi und Mascha wieder, die 2022 mit Ihrer Hallberg Rassy 31 „Bingo“ zeitgleich mit uns auf den Kapverden aufgebrochen waren. Wir hatten uns damals per Satphone regelmäßig Positionsupdates und Nachrichten geschrieben. Nach dem Crossing verloren wir uns aber aus den Augen. Wie schön, dass wir uns jetzt hier wiedersehen! Die beiden leben mittlerweile auf einem wundervollen Wharram Pahi 42 Katamaran (auf dem wir in den kommenden Wochen immer mal wieder eingeladen sind) und haben hier auf Carriacou zwei Straßenhunde adoptiert.

 

Ein paar Tage später lernen wir noch mehr junge Langfahrtseelen kennen. Im Iguanas Cafe, wo wir hin und wieder unsere Laptops aufklappen und ein kaltes Getränk bestellen, treffen wir Julian von der „Samira“. Zur Stammcrew gehören noch Jules und Phillip, die wir wenig später auch noch kennen lernen. Die drei haben eine unglaubliche Geschichte zu erzählen, mit der sie es sogar in die Lokalzeitung geschafft haben. Während eines Landgangs auf Sandy Island (ca. 5 Meilen nördlich von Tyrell Bay), war die in die Jahre gekommene Ankerketter ihrer Moody 44 gebrochen. Das Schiff ging unbemerkt auf Drift und trotzdem die Jungs ihr Boot im letzten Moment noch mit dem Dinghi erreichten, konnten Sie nicht mehr verhindern, dass Ihr betagtes Boot auf dem Riff vor Mabuja Island strandete. Mit vereinten Kräften und mit etwas Kreativität schafften Sie es irgendwie, die Yacht wieder vom Riff zu ziehen. Dabei brach allerdings das Ruder ab und der Kiel wurde beschädigt.

 

Das Ganze ist gerade mal einen Tag her. Nun liegen sie also auch hier in der Bucht und hadern mit der weiteren Planung, ihrer sehr knappen Bordkasse und dem Gedanken, das die Reise hier vielleicht zu Ende sein könnte. 

 

Die Crews der "Nordklang" und der "Samira" sind unsere Leidensgenossen auf der Werft
Die Crews der "Nordklang" und der "Samira" sind unsere Leidensgenossen auf der Werft

Letztendlich stehen alle drei Boote auf der gleichen Werft: Wanderling, Nordklang und Samira – alle müssen Sie irgendetwas an der Ruderanlage richten. Janschek und Leni reparieren einen Riss im Ruder, den sie sich an den Pontonketten in der Marina Mindelo zugezogen haben. Wir tauschen die Ruderlager und müssen anschließend den Skeg wieder anlaminieren. Und die Samira-Crew baut eben gleich ein neues Ruder. Epoxy regelt mal wieder alle Probleme.

 

Kulturelle Highlights sind in diesen Wochen die Feier anlässlich 50 Jahren Unabhängigkeit Grenadas und einige Tage später die Karneval-Woche. Alle größeren Events finden hier auf der Insel im Hauptort Hillsborough statt. Wir fahren natürlich mit dem Maxitaxi hin und feiern mit. Die Unabhängigkeits-Feier läuft noch recht gesittet ab, der J’Ouvert (Höhepunkt der Karneval-Feierlichkeiten) hingegen verschlägt uns fast den Atem: Alles und Jede*r wird mit altem Motoröl oder Farbe oder Beidem eingeschmiert und wirft sich in den Straßentanz. Lastwagen mit fetten Boxen fahren im Schrittempo die Gassen des 1000-Seelen Dorfes entlang und sorgen dafür, dass es abolut keinen Winkel mehr gibt, der nicht von den typischen Soca-Beats durchdrungen wird. Alkohol und Weed sind der Treibstoff der Meute. Alles wirkt auf uns absolut wild und chaotisch und wir sind gefangen zwischen Staunen, sich mitreißen lassen und totaler Reizüberflutung.

 

Der Karneval auf Carriacou ist ein echt abgefahrenes Event
Der Karneval auf Carriacou ist ein echt abgefahrenes Event

Mitte Februar sind dann alle drei „Buddyboats“ wieder im Wasser und mehr oder weniger startklar. Beim Routine Rigg-Check habe ich eine beschädigte Pressstelle am Backbord Unterwant gefunden. Wir improvisieren ein Backup aus Vectran und denken, dass wir es so die 150 Meilen bis Martinique schaffen werden. Ist ja eh fast nur Backbordbug…

 

Martinique. Das soll erst erst einmal wieder unser Ziel sein. Eigentlich wollten wir dort nicht unbedingt noch einmal hin, weil wir die Insel schon aus den letzten beiden Saisons kennen und dort schon recht viel Zeit verbracht haben. Was uns jetzt doch wieder dorthin zurück zieht sind medizinische Versorgung, günstige Lebensmittel und Ersatzteile. So fragwürdig es auch ist, hier mitten in der Karibik ein Stück Frankreich zu finden, so sehr haben wir in den vergangenen Jahren davon selbst profitiert und werden es jetzt auch noch ein letztes Mal tun.

 

Die ersten der 150 Meilen verlaufen zunächst unspektakulär. Schon bei der Abfahrt bemerken wir, dass die Verstellung des Windpilot festgegammelt ist. Mein Fehler, zu wenig Pflege. Nächster Punkt auf der To-Do-Liste.

 


Als die Nacht die kurze karibische Dämmerung ablöst, laufen wir mit sechs Knoten hoch am Wind an der Luvküste von St. Vincent entlang. Hin und wieder ein kurzer Funkspruch mit der Nordklang, die ganz in der Nähe ist. Sonst nichts. Kein Mond, keine Lichter, keine Menschen mehr. Nur schwarze Nacht und ein unglaublicher Sternenhimmel. Ich fühle mich großartig.

Leider gibt es am nächsten Morgen eine böse Überraschung. Während wir in Lee von St. Lucia weiter nach Norden motoren, der Wind hatte zwischenzeitlich auf die Nase gedreht und war dann immer weniger geworden, erschrecke ich ziemlich, als ich routinemäßig kurz in den Maschinenraum schaue. Die Ölwanne steht schon unter Wasser, die Welle ebenfalls. Mindestens 100 Liter Seewasser haben sich in der achteren Bilge gesammelt. Die Lenzpumpe schafft es zwar, die Menge in einigen Minuten heraus zu pumpen, aber das Wasser läuft trotzdem recht schnell nach. Ich schätze grob 20 bis 30 Liter pro Stunde. Der nächste, diesmal wohl ziemlich ernste Punkt auf der To-Do-Liste.

 

 

Einige Stunden später kommen wir auf Martinique an. Der Anker fällt auf sechs Meter Tiefe in das trübe Wasser der Bucht von Le Marin. Viele hundert Yachten liegen hier, viele von ihnen wohl für den Rest Ihrer Tage. Wir kennen diesen Ort sehr gut und irgendwie ist es auch schön, mal wieder hier zu sein.

Die Tage und Wochen auf Martinique vergehen. Die Crews der Nordklang und der Samira sind weiterhin unsere engsten Bezugspersonen. Um es kurz zusammenzufassen: in den kommenden vier Wochen schaffen wir es, viele der angestauten To-Dos zu erledigen. Wanderling wieder seeklar zu machen. Meine Magenentzündung endlich abklären zu lassen (womit sich das Thema allerdings noch nicht erledigt hat). 

Die Backbord Unterwante muss ersetzt werden
Die Backbord Unterwante muss ersetzt werden

Was wir nicht wirklich schaffen, ist wieder richtig in unserem alten Lebensgefühl auf Langfahrt anzukommen. Es sind einfach zu viele Baustellen, zu viele Projekte und Probleme und vor Allem: zu viel Zeitdruck. Ich habe mir so fest in den Kopf gesetzt, die Bahamas noch vor Ende der Saison zu erreichen, dass ich meine eigene Gesundheit, meine innere Ruhe und damit auch die Harmonie an Bord hinten anstelle. Bis wir irgendwann gar nicht mehr so genau wissen, warum das mit dem Low-Budget-Segeln eigentlich immer so eine schöne Erfahrung war. Es wird noch etliche Wochen dauern, bis ich die „deutsche Pünktlichkeit“ und meine fixen Zeitpläne endlich wieder im Kielwasser lassen kann.

 

 

Wieder einmal sind wir in Le Marin und wieder einmal bleiben wir länger als geplant
Wieder einmal sind wir in Le Marin und wieder einmal bleiben wir länger als geplant
Es tut gut, wieder auf See zu sein
Es tut gut, wieder auf See zu sein

Doch zunächst einmal heißt es wieder Segel setzen. Die nächste Etappe soll uns quer über die karibische See bis nach Puerto Rico führen. Die Leeward Islands schneiden wir schweren Herzens ab. Man kann in einem Seglerleben nicht jeden einzelnen Ort dieses Planeten bereisen. Und wir wollen mal was Neues sehen.

 

 Die Etappe wird gut. Der übliche Nordost weht mal mit 4, mal mit 5 Bft. Wir laufen Nordwestkurs. Nach drei schönen Tagen auf See fällt der Anker vor der kleinen Insel Vieques, die schon zu Puerto Rico gehört. Schon beim ersten Landgang wehen uns America-Vibes entgehen: Merengue statt Reggae, fette Pickups statt japanische Rechtslenker. Busse oder Maxis gibt es hier nicht und per Anhalter nimmt uns auch stundenlang niemand mit. Taxi fahren ist angesagt. Und so kostet uns das eigentlich kostenfreie Einklarieren am Ende doch noch 60 Dollar. Der Flughafen ist nämlich auf der anderen Seite der Insel – zu Fuß viel zu weit. Der Beamte ist dafür umso freundlicher und sehr geduldig mit uns. Eine wirklich positive Erfahrung. 

Einige Tage bleiben wir noch auf Vieques, erkunden ein paar schöne Strände und paddeln nachts mit unserem SUP auf eine Bucht hinaus, die weltweit bekannt ist für ihre extreme Bio-Lumineszenz. Ein beeindruckendes Schauspiel! 

Dann passt der Wind wieder. Wir wollen weiter. Nächstes Ziel: San Juan, die Hauptstadt Puerto Ricos. Die 60 Meilen werden ein sehr schöner Tagestörn an der Ost- und später an der Nordküste Puerto Ricos entlang. Aus der Ferne können wir einen blasenden Wal ausmachen. Die Sonne scheint und der Nordost füllt unseren Spinnaker. In Rauschefahrt prescht Wanderling der Metropole entgegen. Im Dämmerlicht fällt der Anker mitten in der Stadt. Wir sind wie eingehüllt von der niemals schlafenden Geräuschkulisse dieser zwei Millionen Stadt. Sirenen in der Ferne. Hubschrauber. Ein Sound-Teppich aus Straßenverkehr. Kreischende Flugzeuge auf der Start und Landebahn genau gegenüber unseres Ankerplatzes. Kreuzfahrtschiffe und große Frachter. Was für ein Kontrast zu dem kleinen Nest auf Vieques, vor dem wir heute morgen noch lagen!

 

 

Das Capitolio de Puerto Rico
Das Capitolio de Puerto Rico

Wir besichtigen die Altstadt, die sich einen langen Fußmarsch oder eine kurze Busfahrt von der Ankerfläche auf der Halbinsel Isleta de San Juan erstreckt und saugen den Flair des Kerns einer internationalen Großstadt in uns auf. Es ist sehr heiß und die Strände ein Traum. Also legen wir einen kleinen Badestopp ein.

Alles in San Juan, oder zumindest dem Teil, den wir gerade sehen, mutet Amerikanisch an. An Karibik erinnern lediglich die Temperaturen und die Kokospalmen. Ich war noch nie in Florida, aber wenn mir jemand gesagt hätte, das diese Stadt dort liegt, ich hätte es sofort geglaubt. Puerto Rico ist zwar (noch) kein Bundessaat aber dennoch Territorium der USA.

 

 

Klar ist es touristisch hier, im Hafen liegen gerade vier große Kreuzfahrtschiffe. Aber der Trubel, der Einzelhandel, die vielen Restaurants, Bars und Fastfoodläden – etwas Vergleichbares hatten wir sehr lange nicht mehr und können diesen Tag daher sehr genießen. Am späten Nachmittag laufen wir barfuß die grüne Wiese zur Festung San Felipe del Morro. Die Ausblicke auf die Hafeneinfahrt und die Küstenlinie sind wunderbar. 

Nach 2 Tagen reißen wir uns los. Vorher müssen wir noch kurz mit dem Dinghi rüber zum Flughafen und ausklarieren. Ein paar teure Lebensmittel haben wir auch noch eingekauft. Viel brauchen wir nicht. Auf Martinique haben wir uns für ca. 3 Monate verproviantiert, denn auf den Bahamas soll alles sehr teuer sein.

 

Vor uns liegen 450 Meilen bis Great Inagua Island, der Südöstlichsten der Bahamas. Anhalten können wir unterwegs nicht so richtig. Einklarieren in der Dominikanischen Republik ist vergleichsweise aufwändig und teuer und lohnt für ein paar Tage nicht. Haiti gilt derzeit als nicht sicher. Präsident Henry ist im Ausland, die Hauptstadt Port au Prince ist zu 80 Prozent unter Kontrolle von kriminellen Gruppen. Das bitterarme Land steht am Rande eines Bürgerkriegs.

 

 

An meinem 27. Geburtstag winschen wir den Anker aus dem Grund und motoren in die Flaute. Es ist ein schöner, sonniger Tag und als der versprochene Ostnordost einsetzt und immer stabiler wird, holen wir den großen Leichtwind-Spinnaker an Deck. Das blau-rote Segel steht wunderbar und zieht uns mit fünf Knoten nach Westen. Ich bin glücklich, meinen Geburtstag mit Luisa auf See verbringen zu können. Dank Starlink gelingen sogar einige Telefonate nach Hause. Vor dem Bug geht die Sonne unter und sorgt einmal mehr für dieses magische Licht in der kurzen tropischen Dämmerung, dass ich so sehr liebe und an dem ich mich immer noch nicht satt gesehen habe. Wir können es doch noch vor Ende der Saison in die Bahamas schaffen denke ich, als ich den Spinnaker im letzten Licht des Tages berge und wir unter ausgebaumter Genua in die sternenklare Nacht laufen.

Bei leichtem Wind beginnen wir unter Spinnaker die 450 Meilen Etappe zu den Bahamas
Bei leichtem Wind beginnen wir unter Spinnaker die 450 Meilen Etappe zu den Bahamas

Manchmal ist das Leben kein Wunschkonzert...          (04.11.2023)

Anfang April muss Luisa nach Hause fliegen, das Studium ruft… Hoffentlich ein letztes Mal. Damit ich nicht so alleine bin an Bord, habe ich meinen Vater Dieter eingeladen, mich in den letzten Wochen dieser Karibiksaison zu begleiten. Er landet noch am selben Abend und zusammen fahren wir mit dem Dinghi vom örtlichen Segelverein rüber zur Wanderling, die sich vor Anker in der ruhigen Mangrovenbucht entspannt. Vor uns liegen 4 Wochen gemeinsames Segeln, Erleben und Arbeiten. Und Papa hat mir auch eine neue GoPro mitgebracht! Nun gibt es endlich wieder vernünftige Bildqualität auf unserem Youtube Kanal.

 

In den kommenden Wochen segeln wir langsam aber sicher nach Süden. Über die Marigot Bay auf St. Lucia geht es zurück nach St. Vincent, wo wir schon beim Anlegen wieder von alten Bekannten vom letzten Besuch begrüßt werden. Ein paar Tage bleiben wir, dann geht es weiter über Bequia nach Canouan und Union Island. Von dort machen wir auch noch einen kleinen Abstecher auf die Tobago Cays. Noch einmal ankere ich mit Wanderling an all diesen wunderschönen Orten und kann Papa dieses Traumrevier mittlerweile wie „aus der Westentasche“ zeigen. Seit fast zwei Jahren bin ich nun hier. Ich fühle aber auch, dass es nun bald weitergehen wird mit unserer Weltreise.

 

Aber zunächst einmal müssen wir noch einmal für einige Monate zurück nach Deutschland. Ich habe einen Krantermin bei Tyrell Bay Marine für den 20.04.2023 gemacht. Ich möchte Wanderling lieber an Land stellen. Wer weiß, wie lange wir sie dieses Mal wirklich allein lassen müssen..

 

Noch ein paar letzte Kite-Sessions vor Frigate Island. Ein letztes Mal Segel setzen für die letzten fünf Meilen dieser Saison. Dann fällt der Anker auf 8m Tiefe in der Tyrell Bay. Ein paar Tage später steht unser geliebtes Boot an Land. Wir haben gut zu tun, denn das Ruder muss demontiert werden und dafür muss auch der Skeg ab. Es wird Zeit für neue Ruderlager. Die letzten 2 Jahre und fast 6.000 Meilen sind nicht spurlos an der alten Lady vorbeigegangen.

 

 

Sechs Stützen, drei Ketten und 30 Quadratmeter Sandboden. Dafür werden wir ab sofort jeden Monat gut 400€ Gebühr zahlen müssen. Noch ein letzter, melancholischer Blick zurück. Wenig später sitzen wir im Flugzeug und tauschen karibische Hitze gegen zehn Grad und grauen Himmel in Norddeutschland. Ein schlechter Tausch, aber ich freue mich auch riesig, Luisa wiederzusehen!

 

Sechs Stützen, drei Ketten und 30 Quadratmeter Sandboden. Dafür werden wir ab sofort jeden Monat gut 400€ Gebühr zahlen müssen. Noch ein letzter, melancholischer Blick zurück. Wenig später sitzen wir im Flugzeug und tauschen karibische Hitze gegen zehn Grad und grauen Himmel in Norddeutschland. Ein schlechter Tausch, aber ich freue mich auch riesig, Luisa wiederzusehen!

 

Mittlerweile haben wir Anfang November. Wanderling steht jetzt seit 6 Monaten dort auf dieser kleinen Karibikinsel, mitten im großen Atlantik. Der tropische Regen fällt auf Ihr Deck, während der Norddeutsche Herbstregen hier gegen unsere Scheiben prasselt.

 

 

Für den Sommer hatten wir uns ein „Zweitboot“ gekauft. Die „Iduna“, ein Vierteltonner Hiddensee von 1987. Auf 8m Bootslänge haben wir uns für unseren Deutschlandaufenthalt eingerichtet. Iduna ist nun auch schon wieder verkauft und der Segelsommer ist vorbei auf der Ostsee. Auf unzähligen Chartertörns habe ich mich wieder als Skipper verdingt, um unsere Bordkasse aufzufüllen.

 

Im August segelten wir mit Thilo und Leonie nach Nysted in Dänemark
Im August segelten wir mit Thilo und Leonie nach Nysted in Dänemark

Während ich hier so sitze und diese Zeilen in die Tastatur klimpere, denke ich noch einmal zurück an diese intensiven und wundervollen Monate. An all die Begegnungen mit alten Freunden und der Familie. An all die Meilen auf der Ostsee vor unserer Haustür. An die Regatten und Wochenendausflüge mit unserer kleinen Iduna. An die Festivals und Hochzeiten dieses Sommers. Wir sind zwar gerade nicht mehr auf Langfahrt und eher unfreiwillig so lange in Deutschland. Trotzdem werden all diese Erinnerungen einen festen Platz in meinem Herzen bekommen. Das war 2023. Und bald, sehr bald sogar, geht es zurück in die Karibik.

 

 


Saint Vincent bis Martinique - Luisa geht von Bord..          (05.09.2023)

 

Es gefällt uns sehr aus St. Vincent. Die Boat Boys, die hier besonders zahlreich sind und den Yachties Obst, Gemüse und allerlei andere Spezialitäten der Insel zu verkaufen, sind hier etwas aufdringlicher als auf den anderen Inseln. Wir teilen uns ein paar Dosen Bier und machen verständlich, dass wir selbst auch nicht mit sonderlich vielen Dollars gesegnet sind. Nach ein paar Tagen, als klar wird, dass wir keine Chartergäste auf Durchreise sind, sind wir als Teil der Bucht Community schnell akzeptiert und kommen gut mit den Locals klar.

Die Vibes, die die Insel vertrömt, erinnern uns ein bisschen an Dominica. Hier ist alles irgendwie unorganisiert, wild und ursprünglich. Und die Menschen sind großteils unheimlich herzlich und gastfreundlich. Mit den preigünstigen MaxiTaxis und per Anhalter erkunden wir einige eindrückliche Orte der Insel, wandern durch den tropischen Regelwald und erklimmen sogar den 1178m hohen Soufriere. Der Vulkan ist erst vor 2 Jahren wieder ausgebrochen und hat die Insel wochenlang mit dicken Ascheschichten überzogen. Der Soufriere Trail ist nicht ganz einfach zu finden und auch erst seit ein paar Monaten wieder offiziell freigegeben. Für unsere Seglerbeine ist der Aufstieg machbar aber schon eine Herausforderung. Der Blick in den Krater verschlägt uns dann endgültig die Sprache. Etwas Vergleichbares haben wir beide noch nie gesehen.

 

 

Luisa am "Abgrund" zum Krater des Soufriere Vulkans
Luisa am "Abgrund" zum Krater des Soufriere Vulkans

Nach zwei wundervollen Wochen müssen wir uns losreißen. Für Luisa geht die Auszeit vom Studium nun leider schon wieder dem Ende entgegen. An St. Lucia vorbei geht es bei bestem Wetter nach Norden. Nach 80 Meilen fällt der Anker bei St. Anne auf Martinique auf 8m Tiefe in den Sand. Genau wie vor über einem Jahr, als wir nach 20 Tagen auf dem Atlantik hier unsere Ankunft in der Karibik feierten. Ein tolles Gefühl!

 

Wir sind auf den allerletzten Reserven auf Martinique angekommen. Wir haben keinen Proviant mehr, Wasser und Treibstofftanks sind so gut wie leer, ebenso das Gas. Trinkwasser haben wir seit Wochen nicht mehr, dafür gab‘s Tee aus abgekochtem Tankwasser und Bier aus Aludosen. Es war einfach alles schwierig zu bekommen oder schlicht zu teuer für uns. Hier auf Martinique ist alles anders. Wir sind wieder in Europa, wo Lebensmittel in Hülle und Fülle vorhanden und gut bezahlbar sind. Die Leute fahren neue Autos französischer Hersteller auf gut gewarteten, 4-spurigen Autobahnen. Einen Tag sind wir gesegelt und in einer vollkommen anderen Welt.

 

Nachdem wir uns ein paar Tage ausgeruht, die Reserven aufgefüllt und gut gegessen haben, geht es zusammen mit Cathrine und Stephan, die ich schon auf Grenada kennengelernt hatte, in die große Bucht von Fort de France. Luisa muss von hier leider Ihren Rückflug antreten. Fast verpassen wir den Flieger, weil wie die 5km zum Airport kurzerhand zu Fuß in Angriff nehmen und dann von einem Fluß ausgebremst werden, der nur von einer Autobahnbrücke gequert wird. Null Chance, dort zu Fuß drüber zu kommen. Wir überlegen schon, ob wir schwimmen müssen, als uns ein netter Franzose aufgabelt und mit dem Auto mitnimmt. Der Abschied fällt uns mal wieder nicht leicht. Wer weiß, wann wir wieder zusammen an Deck von Wanderling stehen werden. Das kann eine ganze Weile dauern...

 

 


Durch die Grenadinen bis Saint Vincent          (11.04.2023)

Nach den Cays geht es zurück nach Clifton, Hauptort von Union Island. An diesem Wochenende findet hier das Conch-Festival statt – nach dem Karneval das zweitwichtigste Event des Jahres. Conch, das ist eine große Schneckenmuschel, die hier reichlich vorkommt und in großen Mengen gefangen und verspeist wird. Es ist ein lustiges Fest und es gibt preisgünstiges Bier vom Fass. Wir treffen Marvin und Vicky wieder, die wir ebenfalls aus der Chartersaison in Rostock kennen. Die beiden laden uns nach Palm Island (eine kleine Privatinsel westlich von Union) ein.

 

So ankern wir am nächsten Tag um und betreten das erste Mal auf dieser Reise eine private Insel. Die Fläche gehört hauptsächlich einem Luxus-Hotel. Außerdem gibt es noch einige Strandhäuser, in das wir von Marvin‘s Familie herzlich zu Kaffee und Kuchen eingeladen werden. Die Insel selbst ist sehr gepflegt und verströmt eine magische Ruhe. Läden, Autos und dergleichen gibt es hier nicht. Wir bleiben nur diese eine Nacht, denn die Insel ist zu klein, um den Atlantik Schwell effektiv abzuhalten.

 

 

 

Weiter geht's nach Norden - nächstes Ziel: Bequia
Weiter geht's nach Norden - nächstes Ziel: Bequia

 

Am nächsten Tag nehmen wir die 30 Meilen bis zur nördlichsten Insel der Gruppe der Grenadinen in Angriff. Gegen Abend laufen wir in die Admiralty Bay auf Bequia ein und finden endlich mal wieder einen komplett geschützten und absolut ruhigen Ankerplatz vor. Dieser Naturhafen ist einer der besten in der gesamten Karibik und hat die bewegte Geschichte der kleinen Insel maßgeblich mitbestimmt.

 

Von Schiffbau, über Zuckerrohrplantagen bis hin zu Walfang haben die Bequians in den letzten Jahrhunderten ihr Überleben immer wieder durch enorme Anpassungsfähigkeit gesichert. Auch heute noch haben die Bequians die Erlaubnis, im Jahr bis zu vier Buckelwale zu erlegen. Auch wenn es uns schwerfällt, das Festhalten an dieser Tradition nachzuvollziehen, würden wir Jedem, der mal auf diese Insel kommt, einen Besuch im Bequia Heritage Museum wärmstens ans Herz legen. Wir bekommen einen tiefen Einblick in die Geschichte Bequias und werden anschließend sogar noch von der Museumsleiterin und Vortragenden zurück zum Dinghi-Dock mitgenommen.

 

Bequia wird uns vor allem wegen der überaus gastfreundlichen und offenherzigen Locals noch lange positiv im Gedächtnis bleiben.

 

 

Floating Bar in der Admiralty Bay, Bequia
Floating Bar in der Admiralty Bay, Bequia
Ich genieße den "Painkiller"
Ich genieße den "Painkiller"

 

Anfang März geht es weiter nach Norden. Die knapp 20 Meilen bis zur Wallilabou Bay auf St. Vincent werden eine reine Freude! 4 Bft, karibische Sonne und 6 Knoten Fahrt im Schiff lassen das Herz höher schlagen. Wahrscheinlich hilft es auch ein bisschen, dass ich während der Zeit in Bequia das mittlerweile wieder stark bewachsene Unterwasserschiff in Kleinstarbeit mit einer alten Kreditkarte von seiner bremsenden Wirkung befreit hatte.

 

Schon 5 Meilen bevor wie die Bucht erreichen, kommen uns zwei Locals im offenen 4 Meter Holzboot entgegen und fragen, ob Sie uns helfen können. Dann lässt sich plötzlich der kleine Außenborder nicht mehr starten. Also drehen wir um und nehmen die beiden Pechvögel nach kurzer Absprache in den Schlepp. Das hätte hier draußen sonst ziemlich schnell ein echtes Problem für die beiden werden können… ich wundere mich immer wieder, mit welchem Leichtsinn die Locals hier teilweise zur See fahren.

 

 

Angekommen in der Wallilabou Bay werfen wir den Anker auf 30m Tiefe und machen anschließend das Heck an mit einer 50 Meter langen Landleine am Ufer fest. Die Bucht ist klein und sehr tief, nur mit dieser Methode kann man hier bis zu 20 Boote festmachen. Die Bucht ist belebt und verströmt zugleich einen tiefen Frieden. Dies ist auch der Ort, der in „Fluch der Karibik“ ein Hauptdrehort war (Port Royal). Es ist absolut windstill und die untergehende Sonne weicht langsam der Dunkelheit. Wir liegen nebeneinander auf dem Vordeck und blicken in einen fantastischen Sternenhimmel. Von mir aus kann es gern noch lange so weiter gehen...

 

Wanderling in der Wallilabou Bay, Drehort von "Fluch der Karibik" (Port Royal)
Wanderling in der Wallilabou Bay, Drehort von "Fluch der Karibik" (Port Royal)

Endlich wieder zu zweit unterwegs!          (23.03.2023)

Da sind wir mal wieder mit einem neuen Blogpost (wurde ja auch höchste Zeit! :D). Wir melden uns von Martinique. Hier vor St. Anne, wo hunderte Segelyachten vor Ihren Ankern umherschwojen, sind wir vor über einem Jahr von den Kapverden kommend in der Karibik eingetrudelt. Aber der Reihe nach…

 

Was die letzten Wochen so geschah…

 

 

Ende Januar konnte Luisa endlich ins Flugzeug steigen und zur mir nach Grenada fliegen. Ein bewegender Moment, als wir das erste Mal wieder zu zweit an Bord stehen – Luisa sieht Wanderling nach über 10 Monaten endlich wieder! Wir lassen den Abend entspannt in Roger‘s Barefoot Bar auf Hog Island ausklingen. Das Dinghi ankert im knietiefen, warmem Wasser. Die untergehende Sonne taucht den Abend in dieses herrlich rötliche Licht, das es nur hier in der kurzen, tropischen Dämmerung so gibt. Wir sind endlich wieder zu zweit – zuhause an Bord.

Ankunft auf Carriacou, wir sind endlich wieder zu zweit zusammen in der Karibik!
Ankunft auf Carriacou, wir sind endlich wieder zu zweit zusammen in der Karibik!

Die nächsten Tage nutzen wir, um uns an Bord wieder einzurichten und noch ein paar letzte Vorbereitungen zu treffen, bevor es wieder nach Norden gehen soll. Wir füllen unser Gas noch einmal auf und tanken Wasser. Diesel brauchen wir noch nicht, haben so gut wie nichts verbraucht.

 

Auf einem Kurzausflug nach St. Goerges besuchen wir das Fort und treffen Niklas & Vater, die gerade den Atlantik aus eigenem Kiel überquert haben. Niklas kenne ich aus alten Zeiten in Rostock.

 

Dann geht es endlich wieder Anker auf. Der Törn hoch nach Carriacou ist meist nicht ganz trivial, weil er nach NNO führt. Selbst mit ONO-Wind, auf den wir ein paar Tage warten mussten, gerade so ein Anlieger und alles andere als schnell. Die Strecke wird recht anstrengend, aber als wir Abends zusammen mit Andreas und Cordula von der „Aphrodite“ in der Paradise Beach Bar unseren Painkiller-Cocktail schlürfen, sind die Strapazen längst vergessen.

 

Auf Carriacou fühlen wir uns wohl. Die Atmosphäre hier ist entspannt karibisch und friedlich. Die Iguana-Bar auf der Werft wartet mit schnellem, kostenfreien WLAN auf – für uns viel wert, da wir jeden Tag stundenlang am Laptop sitzen um zu arbeiten. Luisa muss an Ihrem Studium weitermachen, denn der Zeitplan ist eng. Ich gehe meinem Remote-Job im Klabautershop nach, unser derzeitiges Haupteinkommen und wichtiger Teil der Reisekasse.

 

 

Und wir treffen endlich Leonie und Thilo von der „AberAuchGut“ wieder! Die beiden habe ich nach ein paar schönen gemeinsamen Wochen in Portugal letzte Saison nur einmal kurz wiedertreffen können – da war Luisa schon in Deutschland. Umso größer ist die Freude jetzt und wir verbringen fast jeden Abend zusammen und die AberAuchGut zusammen wieder zu Wasser. Ab jetzt sind wir also wieder mit Buddy-Boat unterwegs!

Auf Carriacou treffen wir Leonie und Thilo wieder. Die nächsten Wochen segeln wir gemeinsam weiter nach Norden.
Auf Carriacou treffen wir Leonie und Thilo wieder. Die nächsten Wochen segeln wir gemeinsam weiter nach Norden.

Weiter geht‘s nach einer guten Woche, nächster Halt: Die einsame La Roche Bay ganz im Nordwesten Carriacous. Als wir ankommen, steht ein ordentlicher Schwell in der Bucht. Wir entscheiden uns nach einem kurzen Landgang, für die Nacht noch einmal umzuankern. Die 3 Meilen zurück nach Sandy Island segeln wir in den Sonnenuntergang hinein, nebeneinander her. Ein wunderbares Bild und der Platz in Lee der Sandbank ist viel ruhiger und garantiert erholsamen Schlaf.

Auf Sandy Island bleiben wir noch ein paar Tage, gehen Kiten, chillen am Strand und besuchen erneut die Paradise Beach Bar. Karibik pur!

 

Doch irgendwann zieht es uns weiter, als nächstes Stück Land liegt Union Island im Weg. Den Ankerplatz bei Frigate Island kenne ich ja schon, und trotzdem bleiben wir über eine Woche. Die Tage vergehen mit endlosen Kite-Sessions, bis wir nicht mehr laufen können. Abends sitzen wir zusammen am Lagerfeuer unter einer alten Mangrove und bewundern den atemberaubenden Sternenhimmel. Dieser Ort macht wirklich glücklich, auch wenn es hier eigentlich kaum etwas gibt. Oder vielleicht auch genau deswegen.

 

Doch irgendwann müssen wir uns losreißen. Gemeinsam mit Thilo und Leonie segeln wir nach Mayreau, einer kleinen Insel nördlich von Union. Die Salt Whistle Bay, die unser eigentliches Ziel war, ist komplett überfüllt mit Charterbooten. Die Letzten ankern schon mitten im Schwell, fast komplett ungeschützt. Nichts wie weg hier! Eine Meile weiter im Süden finden wir noch Platz in der Saline Bay. Auch hier steht etwas Schwell, aber es geht irgendwie. Dieses Erlebnis macht mich nachdenklich… Noch nie mussten wir umdrehen, weil in einer Bucht kein einziger Platz mehr frei war! Meist geht es immer noch irgendwie. Diesmal nicht. Auch auf dem Wasser ist scheinbar manchmal nicht genug Platz für alle.

 

Als nächstes steht ein absolutes Highlight auf unserem Reiseplan: die Tobago Cays! Diese Ansammlung kleiner Inseln innerhalb eines doppelten Hufeisen-Riffs sind ein Nationalpark – Fischen und Speedboote sind hier verboten. Ankern sollte man auch nicht unbedingt, die Mooringtonnen sind im Eintrittspreis für den Park inbegriffen. Dieser ist mit 30€ pro Nacht zwar nicht gerade billig, aber nachvollziehbar für uns. Wir bleiben nur eine Nacht und nutzen die Zeit, um möglichst viel der Unterwasserwelt zu entdecken. Es gibt hier sehr viele Meeresschildkröten, die recht zutraulich sind, weil sie hier nicht gejagt werden. Außerdem sind die Riffs Heimat vieler Fischarten, die hier zahlreicher vorkommen als an den anderen Spots, an denen wir bislang schnorcheln waren. Sogar einen kleinen Rochen und einen Katzenhai können wir beobachten!

 

Der Ankerplatz hier hat etwas Besonderes, man ankert hinter den Riffen und ist daher recht geschützt vor dem Schwell, der vom Atlantik heranrollt. Allerdings gibt es keine Landmasse und es macht den Anschein dass man mitten auf See ankert. Der Blick geht hinaus auf den weiten Ozean - das nächste Festland ist Afrika.

Die Perle der Granadinen: Tobago Cays
Die Perle der Granadinen: Tobago Cays

 

Den nächsten Blogpost könnt ihr wahrscheinlich schon nächste Woche lesen. Wir würden uns freuen, wenn Ihr wieder vorbeischaut!

 

 

Liebe Grüße, Matthi & Luisa :)


Grüße von “Spice Island” – Grenada          (29.01.2023)

Hey Freunde, jetzt gibt‘s hier mal wieder ein Update von mir! Während ich diese Zeilen in die Tastatur haue, sitze ich im Cockpit von Wanderling, vor Anker in der Clarks Court Bay im Süden Grenadas. Die ersten 2,5 Monate der Karibiksaison sind rum und es ist Einiges passiert!

 

 

Wanderling vor Anker in der Clarks Court Bay, Grenada
Wanderling vor Anker in der Clarks Court Bay, Grenada

 

Nach der Landung auf Trinidad war ich erstmal ziemlich erschlagen von der dortigen Hitze und Luftfeuchtigkeit. Auf der Werft angekommen, musste ich zunächst mein Zelt aufbauen, denn das Boot war absolut unbewohnbar! 6 Monate Regenzeit hatten, trotz gründlicher Vorbereitung, großen Schaden angerichtet. Überall Schimmel und Feuchtigkeit!!

 

Nachdem das Boot einmal durchgeputzt und sortiert war, machte ich mich an die lange To-Do Liste der anstehenden Instandsetzungen. Unterwasserschiff anschleifen, Antifouling im Bereich des Wasserpasses erneuern, Kielnaht erneuern, diverse Holzteile ersetzen, Maschinenservice, Dinghi und Außenborder reparieren… und das alles in 30°C Hitze und täglich mehreren Stunden Regen. Ich hatte gedacht, die Regenzeit wäre im November schon vorbei, aber das stimmt leider nicht…

 

Nach knapp 3 Wochen harter Arbeit konnte Wanderling dann endlich wieder in ihr Element! Noch ein paar letzte Vorbereitungen, dann sollte es losgehen. Kurz vor der Abfahrt fällt mir zum Glück noch auf, das die Rollreffanlage einen Schaden hat. Die Diagnose: Alle Lager müssen getauscht werden. Ein teurer Spaß.

 

 

 

Aber dann ging es endlich los, Kurs Grenada! Die 80 Meilen vergehen wir im Flug. Es gefällt mir sehr, endlich wieder segeln zu können, wohin und wann ich möchte. Und so werde ich nach einer guten Woche auf der „Gewürzinsel“ schon wieder hibbelig. Zwar ist es hier in den Mangrovenbuchten sehr ruhig und friedlich, aber mir juckt es irgendwie in den Fingern, Meilen zu machen. Nach Norden geht es aufgrund des beständigen Nordostwindes erst einmal nicht weiter. Was gibt es dann im Süden noch so? Auf Trinidad war ich gerade, also: Tobago!

 

Anfang Dezember werfe ich den Anker vor der Westküste dieser von der Masse der Cruiser weitgehend ignorierten Insel. Naja, das ist vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt, aber während auf Grenada in jeder Bucht gefühlt mindestens 100 Boote lagen, sind es hier auf die ganze Insel verteilt vielleicht 20 oder 30. Am Store Beach liege ich tagelang alleine auf weiter Flur und vor mir der kilometerlange und von Kokosnuss Palmen gesäumte Sandstrand, der zu „Pigeon Point“, einem der besten Kitespots der östlichen Karibik, führt. So muss wohl das Paradies aussehen…

Die Schattenseiten sind beständiger Schwell am Ankerplatz, anspruchsvolles Dinghifahren durch die Brandung zum Strand (und vor allem wieder zurück!!) sowie das langwierigste Einklarieren, dass ich je erlebt habe. Gefühlt weiß kein Beamter vom Anderen was er tut oder was generell zu tun wäre und so kostet mich das Prozedere einen ganzen Tag… Angesichts der Einfachheit, auf die die umliegenden Antillen diesen Ablauf mittlerweile reduziert haben, wirkt das ziemlich absurd.

 

Die kommenden 2 Wochen nutze ich für Wassersport und Sightseeing, fahre mehrmals in die Hauptstadt Scarborough und setzte mich ins Maxitaxi um mir Chorlottville, ganz am anderen (nordöstlichen) Ende Tobagos anzuschauen. Die 1,5 stündige Fahrt kostet jeweils umgerechnet weniger als 4€…

 

 

 

Zurück auf der Anchorage lerne ich meine neuen Nachbarn aus Belgien sowie Südafrika kennen. Es werden mal wieder wunderbare Geschichten erzählt und viel gelacht. Die beiden Crews sollte ich später noch mehrmals wiedertreffen, auf anderen Inseln

 

Pigeon Point auf Tobago
Pigeon Point auf Tobago

 

Tobago wirkt für mich so, als wäre die Zeit hier ein bisschen stehen geblieben. So oder so ähnlich muss sich der Rest der östlichen Karibik wohl vor 20-30 Jahren angefühlt haben. Zumindest in meiner Vorstellung.

Für mich ist aber zunächst mal die Zeit gekommen, wieder Segel zu setzen. Für Weihnachten habe ich einen Flug von Grenada nach Deutschland gebucht, um Familie und Freunde zu treffen und vor allem endlich wieder etwas Zeit mit Luisa zu verbringen. Wanderling bleibt solange an einer Mooring vor Hog Island, einer kleinen Insel im Süden Grenadas.

 

 

Es werden schöne 3 Wochen, obwohl eine Grippewelle die Weihnachtsplanung ein bisschen durcheinanderwürfelt. Ich bin froh, wieder bei Luisa zu sein und beim Gedanken an den baldigen Rückflug in die Karibik emotional hin und hergerissen. Die aktuelle Situation ist wirklich herausfordernd für uns, aber als ich am 10. Januar wieder ins Flugzeug steige, fühlt sich das richtig an. Auch, weil Luisa versprochen hat, in ein paar Wochen nachzukommen, Studium hin oder her.

 

Zurück an Bord bereite ich das Schiff zügig auf die Abreise vor. Der Wind soll in den kommenden Tagen abnehmen und auf Ost drehen, mit viel Glück sogar Südost! Zwei Tage später sehe ich meine Chance gekommen und nehme die 35 Meilen Richtung Carriacou in Angriff. Kurs Nornordost – kann ich locker anliegen! Und so komme ich Abends zufrieden in der Tyrrel Bay an, wo ich bereits von Kris und Ingrid (den Belgiern von Tobago) erwartet werde. Nach etwa einer Woche auf dieser südlichsten der Grenadinen (gehört, anders als alles, was weiter nördlich kommt, noch zu Grenada), klarieren wir aus und kreuzen gemeinsam bei herrlichem Sonnenschein und 2-3 Windstärken die 10 Meilen nach Union Island auf.

 

Was folgt, ist der Traum eines jeden wassersportbegeisterten Langfahrtseglers! Tagsüber genießen wir den nahezu perfekten Kitespot, den die Frigate Bay bietet. Der Wind passt so gut wie jeden Tag und so übernehme ich mich selbstverständlich vollkommen, sodass ich nach einer Woche schon gar nicht mehr laufen kann. Aber Kiten geht noch! Abends sitzen wir mit all den anderen Seglern am Strand und machen ein Lagerfeuer. Mehr gibt es hier auch nicht wirklich. Strand, Mangroven, Kitesurfen, Lagerfeuer und Sternenhimmel. Ziemlich perfekt.

 

Auch der Hauptort Clifton am anderen Ende von Union Island gefällt mir sehr gut. Ich treffe mich mit Marvin, den ich im Chartergeschäft im Sommer in Rostock kennengelernt habe und der ebenfalls den Winter in der Karibik verbringt. Wunderbar! Und ich nehme mir fest vor, noch einmal wiederzukommen. Nach einer guten Woche Kitespaß muss ich allerdings erst einmal wieder zurück nach Grenada. Denn Luisa wird in ein paar Tagen dort landen! Ich freue mich riesig und auch der Segeltörn dorthin wird zu einer Freude: Raumschots lasse ich mich von einem Nordost, der mit 4 Windstärken beständig weht, die knapp 50 Meilen zurück nach Grenada schieben. Dazu Sonnenschein satt!

 

Jetzt liege ich hier wieder vor Anker, an der gleichen Stelle in den Magroven, an der ich schon zwei mal zuvor den Haken in den weichen Schlamm gegraben habe. Schön ist es hier und ich freue mich unendlich doll darauf, dass es ab jetzt erst einmal wieder zu zweit weitergeht…

 

 

 

Passt auf Euch auf und bis bald!

 

 

Matthias :)


Zurück zum Boot – Zurück in die Karibik!          (01.11.2022)

Mehr als 6 Monate Deutschland, das waren 6 Monate intensive Zeit mit Freunden und Familie. 6 Monate Chartertouren skippern, Youtube-Videos schneiden, Studieren. Die erste richtige Festival-Saison seit 3 Jahren genießen. Vanlife statt Boatlife. Einen ganzen Sommer lang..

 

Und jetzt sitze Ich hier am Airport in Amsterdam. Der Sommer in Deutschland ist lange zu Ende, die Blätter an den Bäumen schon längst nicht mehr grün und die Chartersaison vorbei. Für mich ist das heute der Start in ein neues Langfahrt-Kapitel, endlich geht es zurück zu unserer geliebten „Wanderling“, die gefühlt schon viel zu lange unter ihrer Plane auf uns wartet. Lange habe ich auf diesen Tag hingefiebert, an dem es endlich „zurück“ geht.

 

Eigentlich sollte ich heute Freudensprünge machen, aber ganz so ist es dann leider doch nicht. Letzte Nacht nicht geschlafen, dazu eine leichte Erkältung und latente Rückenschmerzen vom Seesack-Schleppen. Und außerdem bin ich mal wieder allein unterwegs, ohne Luisa. So sehr wir es uns gewünscht hätten, zusammen zu unserem kleinen Zuhause zurückzukehren… war es am Ende doch nicht wirklich möglich. Ganz gegen unsere Gewohnheit hat dieses Mal der Kopf über das Herz gesiegt und Luisa ist in Rostock zurückgeblieben, um den Abschluss Ihres Studiums nicht zu gefährden. Vor uns liegt wahrscheinlich noch ein ganzes Jahr, in dem wir uns mal auf dieser, mal auf jener Seite des Atlantiks treffen wollen. Aber wahrscheinlich auch ungewohnt viel Zeit allein, jeder auf seinem Weg, verbringen werden..

 

Ich bin gespannt, wie wir diese neue Herausforderung meistern werden und wie sich die Langfahrt für mich jetzt, nach dieser langen Pause anfühlt. Wir halten Euch auf jeden Fall auf dem Laufenden, ganz regelmäßig auf Insta und Youtube und natürlich auch dann und wann hier mit einem neuen Blogartikel.

 

Bis dahin, fair winds und bis bald!

 

Matthias 


Wir segeln doch über den Antlantik!          (01.07.2022)

Ein halbes Jahr gabs hier kein Update mehr. Das liegt nicht daran, dass seitdem bei uns nichts Neues passiert ist, ganz im Gegenteil! Wer uns auf Youtube oder Instagram verfolgt hat, weiß ja schon, dass wir in der Zwischenzeit die Kanaren hinter uns gelassen haben.

 

Eigentlich wollten wir noch ein paar entspannte Monate auf den Kanaren bleiben, unsere kleine „Wanderling“ danach einmotten und zurück nach Deutschland fliegen, um den Sommer fürs Studium und zum Geldverdienen zu nutzen. Das wäre die rationalste und einfachste Lösung gewesen. Also wohl doch nicht unsere Lösung…

 

Tatsächlich sind wir nach dem Werftaufenthalt auf El-Hierro wie geplant nach Las Palmas (Gran Canaria) gesegelt und haben dort Weihnachten mit unseren Familien zusammen verbracht. Passenderweise lagen wir nun also schon am „Losseglersteg“ der ARC und hatten so reichlich Anschub für unsere Spontanidee, unseren Freunden doch auf die Barfußroute zu folgen und noch in dieser Saison die Atlantiküberquerung in Angriff zu nehmen!

 

Ein paar Tage später liegt Wanderling noch einmal 5cm tiefer im Wasser. Unmengen an Proviant und Wasser sind in ihrem Bauch verschwunden. Und dann ging es Anfang Januar 2022 auf ins große Abenteuer!

 

Letztendlich haben wir insgesamt 29 Tage über den Teich gebraucht. 9 Tage bis Mindelo (Cabo Verde) und dann noch einmal 20 rüber nach Martinique in den Windward Islands. Unterwegs standen wir in ständigem Kontakt mit unserem Atlantiküberquerungs-Buddy-Boat, der „OHA“ von Elias und Anaize, die uns stets 200-300 Meilen im Kielwasser folgten. Gegenseitig waren wir uns eine mentale Stütze bei dieser ersten, aufregenden Ozeanüberquerung. Es gehen einem so viele Dinge durch den Kopf… Viel zu viel um das Thema hier in so einem kurzen Blogpost aufzumachen. Schaut doch gerne ein paar unserer Videos zum Crossing. Den Link zum Youtube Kanal findet ihr auf der Startseite dieses Blogs. :)

 

In dieser Karibik Saison haben wir Martinique und Dominika erkundet. Ihr wisst ja, wir reisen gerne langsam. Luisa musste dann schon Anfang April zurück nach Deutschland. Das Studium ruft… Ich bekam dann Besuch, zuerst von meiner Schwester Line und später von Papa. Gemeinsam überführten wir Wanderling in Ihr „Hurrikane-Saison Lager“ auf Trinidad. Dort steht sie jetzt, unter zwei dicken Schichten Plane und wartet darauf, dass wir wieder Zeit für sie haben. Es war schon ein seeeehr komisches Gefühl, unser Boot dort so zurückzulassen, aber es ging wohl nicht anders. Für die Rücküberführung auf dem Nordatlantik ist der der Zustand derzeit nicht gut genug und wir wollen ja auch zur nächsten Saison wieder in der Karibik sein!

 

Wir haben uns in den letzten Monaten vorrangig auf Youtube und Insta konzentriert und das wird wohl auch erst mal so bleiben. Trotzdem gibts hier ab und an mal ein zusammenfassendes Update für diejenigen unter Euch, die mit dem Social Media Kram nichts zu tun haben wollen :D

 

Bis dahin, machts gut und passt alle gut auf Euch auf!

 

Matthi & Luisa