Atlantik Inseln

Wanderling kommt an Land (Gomera - El Hierro - Gran Canaria)         (22.01.2022)

Seit unserem letzten Blogeintrag sind ja nun einige Wochen vergangen und viel ist passiert seither (einer der Gründe, weshalb es hier so lange kein Update mehr von uns gab). Von Teneriffa segelten wir nach Gomera und ankerten über einen Monat vor Vueltas im Valle Gran Rey. Die Wochen dort waren sehr schön und geprägt von vielen neuen Begegnungen. So trafen wir zum Beispiel die „Maratimi“ dort wieder, nachdem wir uns ein ganzes Jahr nicht gesehen hatten. Die vier waren im Ort bereits gut vernetzt, da sie fast den ganzen Sommer hier verbracht hatten und so fanden auch wir schnell Anschluss an die örtliche Community. Die Bewohner des Tals sind eine bunte Mischung aus Menschen, die auf die unterschiedlichsten Weisen „ausgestiegen sind“. Wir treffen viele Deutsche, Segler wie Landratten. Zu unseren bald liebgewonnenen Routinen gehören Workshops zum Thema Body, Mind & Soul, gemeinsames Mantra-Singen zum Sonnenuntergang am Strand und ab und zu Open Air Partys zum Vollmond. Tagsüber sorgen Wakeboarding Sessions mit Maratimi und schnorcheln im glasklaren Wasser der Bucht für Abkühlung, denn die Temparaturen sind immer noch sommerlich.

Jan von der Beatitas kommt ein paar Tage später in die Bucht und endlich gibt es wieder die vertrauten Kaffee und Tee Runden zum Nachmittag. Jan begleitet uns auch auf den ein oder anderen Ausflug über die Insel.

Und auch Martin und Anke von der Jambo machen hier noch einmal für ein paar Tage halt. Gegenseitig helfen wir uns dabei, den Weinvorrat der Boote auszudünnen. Alles Gewicht.

 

Moritz kommt uns für eine gute Woche Urlaub besuchen. Gemeinsam unternehmen wir Ausflüge ins Innere der Insel, das mit dichtem Nebelwald und kleinen Bächen ein wundervolles Wandergebiet und einen erstaunlichen Kontrast zu den heißen, trockenen Küstenregionen bietet.

 

Anfang Dezember heißt es erstmal Abschied nehmen von unserer bisherigen Lieblingsinsel der Kanaren. Wir haben auf El Hierro einen Krantermin für Wanderling bekommen; gemeinsam mit Jan und Ronald, die ebenfalls an Land müssen, wollen wir eine gemeinsame Werftzeit einlegen. Unter Spinnaker und herrlichstem Sonnenschein gelingt die 45 Seemeilen lange Überfahrt problemlos. Die Marina in Restinga ist der südlichste Punkt Europas und bietet wenig Luxus für Gäste. Der Hafenmeister vom Typ „sehr offiziel“ sorgt auch nicht unbedingt für Aufwertung. Immerhin ist das Kranen absurd günstig und schon bald hängt Wanderling in den Gurten. Der eigentliche Kranführer ist krank und ein zufällig dahergelaufener Fischer übernimmt freundlicherweise kurzfristig die Führung des Travellifts. Wäre es nicht mein eigenes Boot gewesen, ich hätte der Situation sicher eine gewisse Komik abringen können. So ist meine Stimmungslage mit „angespannt“ noch wohlwollend umschrieben. Auch das Aufpallen hat hier scheinbar noch nie jemand gemacht, selbst ist der Segler. Mit tatkräftiger Unterstützung von Jan und einem weiteren freundlichen, wenn auch stark angetrunkenen Fischer schieben wir so etwas wie ein Gestell unter unser nun nicht mehr schwimmendes Heim (einen Gabelstapler gibt es leider nicht) und pallen nach bestem Wissen und Gewissen auf. Leider ist es schon dunkel als wir fertig sind und erst am nächsten Morgen bemerke ich, dass Wanderling ca. 3° Krängung hat. Naja…

Zumindest haben wir nun Erfahrung und bei den nächsten beiden Booten klappt alles schon etwas besser, auch weil ein anderer Kranführer am Werk ist.

 

Insgesamt zwei Wochen bleiben wir in der Werft auf Restinga, wen die Details interessieren, dem sei unser neues Youtube Video ans Herz gelegt (Episode 14, Link zum Kanal auf der Blog Startseite). Zu den wichtigsten Punkten auf der Wanderling To-Do Liste gehören:

 

- Propeller demontieren und Welle ziehen

- Stevenrohr umarbeiten und neue Wellendichtung montieren

- Wellenlager tauschen und Wellenanlage (inkl. anderem Propeller) wieder zusammensetzen

- Osmosebehandlung an einigen Stellen

- Verstärkung der Windpilot Aufnahme am Heck

- Reparatur der Scheuerleiste im Bereich des Heckkorbs

- Anschleifen des Copper Coats

- Anfertigen einer neuen, längeren Pinne

- und tausend Kleinigkeiten

 

Außerdem helfen wir Ronald dabei, das alte Antifouling herunter zu kratzen und neues Copper Coat aufzubringen. Es ist eine arbeitsame aber auch lustige Zeit und wir helfen uns gegenseitig, wo wir können.

 

Mitte Dezember geht es dann wieder zu Wasser und für Jan und Ronald auch direkt weiter über den Teich. Wir verabschieden uns und segeln in die Gegenrichtung davon. Wer weiß, wann man sich wiedersieht…

 

Für uns geht es zunächst noch einmal nach Vueltas, wo ein schon verloren geglaubtes Paket aus Deutschland nach 6 Wochen nun doch noch im Postoffice eingetroffen ist. Wäre auch zu schade gewesen, wenn es wirklich verloren gegangen wäre, befindet sich doch kostspielige Ware darin: unser neuer Spade Anker, neue Seeventile und allerlei Elektrik und Kleinkram. Überglücklich über den guten Ausgang dieser Episode laden wir den 30kg schweren, stark ledierten Karton auf die Sackkarre, wuchten das Ding erst ins Dinghi und dann an Bord. Nach nur einer (sehr schwelligen) Nacht vor Vueltas ziehen wir den Anker wieder an Deck und machen uns auf den Weg nach Gran Canaria.

 

Sich auf den Kanaren in West – Ost Richtung fortzubewegen ist schwierig, da die vorherrschende Windrichtung Nordost ist. Zwei Tage Flaute ist das Beste was wir abwarten können, denn wir sind verabredet mit unseren Familien. Weihnachten steht vor der Tür. Und so verheizen wir einiges mehr an Diesel als uns lieb ist und laufen nach 140 Meilen (natürlich) Nachts in den geschäftigen Überseehafen von Las Palmas ein. Ich bin heilfroh, mittlerweile wieder aktives AIS an Bord zu haben. Angespannt und müde aber glücklich erreichen wir die völlig überfüllte Ankerfläche und fallen in die Kojen.

 

Las Palmas ist so etwas wie das kanarische Drehkreuz für Antlantiküberquerer. Die Marina hat ca. 1.300 Liegeplätze und trotzdem macht man uns zu dieser Jahreszeit keine Hoffnungen, in absehbarer Zeit einen davon zu bekommen. Die ARC (Atlantic Rallay for Cruisers) ist dieses Jahr in zwei Gruppen geteilt, von denen die letzte noch nicht gestartet ist. Das verschärft die Liegeplatzsituation zusätzlich. Hinzu kommt, dass die Logistik der Marina nach dem System „Wild West“ funktioniert. Die Warteliste ist eine handschriftliche Tabelle auf einem knittrigen DIN A4 Blatt und eine elektronische Erfassung freier Plätze (scheint) es nicht zu geben. Am Personalmangel kann es jedenfalls nicht liegen, dass man teils stundenlang vor dem Marina Office anstehen muss, denn dort drinnen erwartet einen eine erstaunliche Anzahl gut gekleideter Marineros. Nur weiß scheinbar niemand vom Anderen was er gerade tut…

 

Es wird jedenfalls eine schöne Weihnachtszeit mit dem Familienbesuch und wir nutzen die enorme Infrastruktur, die sich um die Atlantiksegler hier gebildet hat. Jedes technische Problem lässt sich hier lösen. Jedes Teil gibt es zu kaufen und wenn mal etwas nicht vorrätig ist, kann es bestellt werden. Zu Preisen, die teils wesentlich unter denen in Deutschland und Welten unter denen in der Karibik liegen. Wir ergreifen die Chance und investieren in neue Batterien und eine neue Ankerkette.

 

 

Anfang Januar erreicht uns die frohe Kunde, dass wir nun überraschend doch einen Liegeplatz am ARC Steg bekommen können. Line und Arne sind noch etwas geblieben und mittlerweile mit bei uns an Bord eingezogen. Zu viert wird es dann doch relativ eng, sodass wir froh sind über die einfache Landanbindung in der Marina. Um uns herum weht bei ausnahmslos allen Nachbarn die ARC Flagge im Rigg. Sicherheitsausrüstung wird überprüft, Dieselkanister an Bord gehievt und Proviant verstaut. Eine tolle Atmosphäre, die mitreißt und ein Gemeinschaftsgefühl schafft, obwohl wir am Steg niemanden kennen bisher. Auch wir haben eine Entscheidung getroffen. 


Von Madeira zu den Kanaren          (11.11.2021)

Nach knapp zwei Wochen auf Madeira zerren wir am 15. Oktober 2021 die beiden Anker zurück an Deck. Zuvor hatten wir eine längere Wanderung zum Port Authority Office unternommen, um die Ankergebühren zu entrichten. Auch wenn mir nicht ganz klar war, für was nun diese acht Euro am Tag fällig wurden. Fürs Ankern im Schwell des offenen Atlantik? Schwer vorstellbar…

 

Uns erwartet der ruhigste und schönste Blauwasserschlag, den wir bisher hatten. Da sind wir uns beide einig. Vor unserer Abfahrt hatte tagelang eine bleierne Flaute über dem Gebiet gelegen, in dem wir unterwegs sind. Das endlose Blau hat sich soweit beruhigt, das sich selbst der sanfte Schwell, der eigentlich immer da ist, gelegt hat. Lediglich eine kleine Windsee hat sich gebildet, in der unsere Wanderling genüsslich gen Süden schaukelt. Der Wind, der sie antreibt kommt aus Nordnordost. Tagsüber schiebt er uns unter Spinnaker mit 4-5 Knoten an, Nachts begnügen wir uns aus Sicherheitsgründen mit der ausgebaumten Genua. Immer noch schauen wir spätestens alle 30 Minuten nach dem Rechten, sehen aber kaum ein Schiff. Das Wetter bleibt ebenfalls konstant. Ostseefeeling mitten auf dem Atlantik. Nach drei entspannten Tagen kommt Teneriffa in Sicht.

 

Wir wollen in die San Miguel Marina in Amarilla. Auf wiederholte E-Mail-Anfragen bekamen wir selbstverständlich keine Antwort. Auch telefonisch ist niemand zu erreichen. Wir beschließen, unser Glück trotzdem zu versuchen und finden einen freien Platz längsseits an der „BeAtitas“ von unserem alten Freund Jan! Allerdings ist es schon nachts und so dauert es etwas, bis er im Cockpit auftaucht und uns mit norddeutscher Fröhlichkeit willkommen heißt. Fast vier Monate sind vergangen, seit wir uns in der Algarve verabschiedet hatten.

Der Marinero, der uns die Leinen annimmt, ist zunächst weniger begeistert von unserer Ankunft. Nach einem kurzen klärenden Gespräch mit Händen und Füßen ist aber alles ok und wir können bleiben.

 

Amarilla ist eine dieser typischen Touristenburgen, die den Kanaren Ihren Ruf verschafft haben. Ohne Seele, dafür mit billiger Pizza und viel Sonnenschein. Wir bleiben eine Woche. Unseren ursprünglichen Plan, Wanderling hier aus dem Wasser heben zu lassen, um die Wellendichtung zu reparieren, drehen wir angesichts der Preisliste ein paar mal im Kopf herum und werfen ihn dann über Bord.

Ein paar Tage nach uns gehen Martin und Anke mit ihrer „Jambo“ neben uns an den Steg und wenig später finden wir uns bei einer kleinen Party in relativ großer Runde für das kleine Cockpit der Bavaria 34 wieder.

 

 

Ein kleiner Wermutstropfen ist in diesen Tagen die Luftqualität im Süden Teneriffas. Große Mengen Asche, die der Cumbre Vieja auf La Palma in die Atmosphäre spuckt mischen sich mit dem gerade wieder einmal präsenten Sahara-Staub, den man hier Kalima nennt. Eine explosive Mischung für Luisa‘s empfindliche Asthmatiker Lunge. Wir beschließen, weiter zu segeln. Kurs West.


Abschied von den Azoren - Auf nach Süden!          (28.10.2021)

 

Anfang September endet unser Segelsommer auf den Azoren. Bevor die Temperaturen zu weit fallen und die ersten Tiefdruckgebiete eine südlichere Bahn nehmen, wollen wir weiter nach Süden. Schweren Herzens reißen wir uns los, setzen Groß und Genua und gehen unter einem beeindruckenden Sternenhimmel hoch an den Wind. Es hätte ein harmonischer Start in die 500 Meilen lange Etappe nach Porto Santo werden können. Wäre da nicht diese elendige Wellendichtung. Nach dem Ablegemanöver strömt das Wasser nur so in die Maschinenraum-Bilge. Mit anfänglicher Seekrankheit kämpfend schleppe ich die schweren Werkzeugkisten aus der Achterkammer in den Salon um an die Welle heranzukommen. 20 Minuten mit dem Schraubenzieher kopfüber in der Bilge und einige Flüche später habe ich das Leck provisorisch abgedichtet. Es kann weiter gehen.

Luisa hat dieses mal ein Pflaster hinterm Ohr. Es hilft erstaunlich gut gegen die Übelkeit. Während sie bei zwei Meter Schwell entspannt unter Deck Soduko löst, ist der Skipper dieses Mal der letargische Fladen, der den ganzen Tag nicht aus der Koje kommt und sich alle halbe Stunde regelrecht überwinden muss, den routinemäßigen Rundumcheck zu machen.

Alles in Allem läuft diese Überfahrt aber wieder recht reibungslos ab. Zwar machen uns immer wieder Squalls zu schaffen, in denen die Wanderling mit kleinstem Tuch auf einmal zu rennen anfängt als seien wir in einer Regatta. Aber das sind meist kurze Episoden auf die bald wieder Sonnenschein und herrliches Blauwassergefühl folgen. Nach vier Tagen sehen wir Madeira am Horizont auftauchen und einen Tag später fällt der Anker in das Hafenbecken der kleinen Nachbarinsel Porto Santo.

 

Auf diesem gemütlichen, kleinen Eiland bleiben wir fast drei Wochen. Ein paar Tage nach uns kommen um die 40 neuen Boote an. Seit langem hatte es mal wieder ein brauchbares Wetterfenster für die Überfahrt vom portugiesischen Festland gegeben. Viel Potential, alte Bekannte wieder zu treffen und auch neue Segelfreundschaften zu schließen.

Ansonsten gibt es auf Porto Santo viel Sandstrand und auf der Nordseite spektakuläre Erosionsformationen aus Sandstein und Basalt zu bestaunen.

 

Uns gefällt es gut hier, aber wir sind verabredet mit Lisi‘s Eltern und so nehmen wir Abschied und setzen nach einem gerade noch einmal geglückten Ankermanöver unter Vorsegel und Dinghi-Außenborder den Kurs auf Madeira ab. Es wird ein entspannter Segeltag. Jedoch etwas rumplig im Abgang. An Madeiras Ostküste steigt die Wassertiefe abrupt von mehreren tausend auf 300 Meter an. Die 2,5 Meter Dünung, die der Sturm der letzten Tage hinterlassen hatte, sind uns im tiefen Wasser gar nicht weiter negativ aufgefallen. Hier aber türmen sich die sanften Wasserberge zu steilen Brechern auf und prügeln auf Wanderling ein. Die aber steckt das alles ganz gelassen weg. Der Wind frischt auf 30 Knoten auf, die Böen hämmern mit gut 40 die steilen Hänge der Insel herab. Unter minimalem Tuch und mit Rauschefahrt erreichen wir die Ankerfläche vor Funchal. Das schöne Panorama der Stadt erinnert mich an vergangene Zeiten…

 

 

Die nächsten zwei Wochen verbringen wir auf Madeira. Die Marina ist voll und teuer. Daher begnügen wir uns mit der Ankerfläche, die allerdings an den meisten Tagen einem sehr unangenehmen Schwell ausgesetzt ist. Und ich rede hier nicht von „mimimi, das Boot schaukelt mir zu doll“ sondern von einer Welle, die den Frühstückstisch selbstständig abräumt und für schlaflose Nächte sorgt. Zwei Anker halten Wanderling an Ort und Stelle während wir Urlaubszeit mit Jens und Kirsten genießen und uns die Insel erwandern. Abends saugen wir die Stimmung der Hauptstadt bei Pizza und Poncha auf. Eine wirklich schöne Zeit.


Azoren – Graciosa, Terceira & Santa Maria          (15.09.2021)

Nachdem wir eine gute Woche die Gesellschaft der internationalen Fahrtensegler-Gemeinde, die Annehmlichkeiten und Versorgungsmöglichkeiten einer größeren Stadt und Peter‘s Gin Tonic genossen hatten, zog es uns wieder raus auf See. Die kleine Insel Graciosa war unser nächstes Ziel und nachdem ich eingesehen hatte, dass der Spinnaker bei 25kn Wind kein angenehmes Cruisen verspricht wurde es eine nette Überfahrt. Am Abend machten wir im kleinen und gemütlichen Fischereihafen in Praia de Graciosa fest, denn eine Marina gibt es auf dieser Insel noch nicht und Ankern war aufgrund der Wetterlage schwierig. Kurze Zeit später finden wir uns auf einem Livekonzert der örtlichen Blaskapelle wieder, genießen kühle Getränke und lernen Peter Pan kennen. Peter bietet an uns am nächsten Tag die Insel zu zeigen und wir sagen gerne zu.

 

Es wird ein super Tag, zusammen mit Peter und Diana fahren wir über die Insel. Wir verstehen uns auf Anhieb super. Die beiden sind etwa in unserem Alter und planen auf der Insel ein Permaculture Projekt für den Anbau verschiedener Tees und medizinischen Pilzen zu starten, sehr spannend. In den nächsten Tagen treffen wir die Beiden noch einige Male, mal laden Sie uns zu einer Pizzaparty zu sich nach Hause ein, dann wieder treffen wir uns an Bord der Wanderling zu Tajine und Bier. Auch schließen wir in diesen Tagen Bekanntschaft mit einem niederländischen Seglerpaar, die gerade auf dem Rückweg ihrer fünfjährigen Atlantikreise sind und dieses Jahr zurück in die Niederlande wollen. Zeit verbringen mit der Familie und dem Boot eine Verjüngungskur verpassen. Ob es danach wieder los auf Langfahrt gehen soll? Na selbstverständlich!

Über Peter und Diana lernen wir auch Sonja kennen, die auf der Insel ein Projekt gegründet hat um Spirulina, eine Bakterienkultur mit Superfood Potential zu züchten. Auf dem Rückweg von einer Fahrradtour über die Insel treffen wir sie in Santa Cruz in Ihrem veganen Kiosk und bestellen spontan Bruscetta und Tee.

 

Graciosa ist mir als meine persönliche Lieblingsinsel im Gedächtnis geblieben. Irgendwann aber reißen wir uns los und nehmen Kurs auf Terceira. Kirsten, Elke und Hannes haben einen Flug gebucht und wollen uns besuchen kommen. Nach leichtwindigen 50 Meilen unter Spinnaker fällt der Anker auf zehn Meter Tiefe in der weitläufigen Bucht von Praia Vitoria. Und wieder fällt mir auf, dass es die Kontraste sind, die den Genuss ausmachen. Nach dem verschlafenen Graciosa kann ich mich regelrecht begeistern für die Fülle an Bars, Lokalen und Geschäften die die Stadt mit quirligem Leben füllen. Spontan gönnen wir uns eine Pizza.

Ein paar Tage später kommt Luisa‘s Familie eingeflogen. Eine Woche lang erkunden wir gemeinsam die Insel, fahren mit dem Leihwagen durch die Gegend, steigen in Vulkankrater hinab, wandern, baden im Atlantik und genießen die Abende bei gutem Essen und Gesprächen mal wieder in echten „vier Wänden“. Abends machen wir uns dann immer auf den Heimweg nach Praia. Zu Fuß zu weit, für eine funktionierende Buslinie zu kurz. Na dann, Daumen raus und geduldig sein…

 

Als letztes steht Santa Maria, die südöstlichste Insel der Azoren auf unserem Törnplan. Bis dahin sind es etwa 150 Meilen. In freudiger Erwartung eines herrlichen Vorwindtörns unter Spinnaker laufen wir aus der Bucht aus. Was wir bekommen ist Hoch am Wind. Man fällt auch immer wieder auf den Wetterbericht rein… Die Okklusionsfront, die die Windrichtungsänderung dann wirklich bringt, rauscht des Nachts mit peitschenden Schauerböen über uns hinweg. Als gegen drei Uhr früh dann das Vorsegel ausgebaumt ist und der Wind sich stabilisiert hat, können wir endlich entspannen.

 

 

Am nächsten Tag laufen wir in den Nachmittagsstunden, mangels sicherer Ankerplätze, in der schönen neuen Marina von Santa Maria ein. Jan von der „Helga“ erkennt unser Dinghi wieder, das vorher Jan (SY „Beatitas“) gehört hatte und nimmt uns die Leinen an. Unter Jans kennt man sich wohl. Und wir lernen Jan auch schnell kennen. Kaum sind die Leinen fest, finden wir uns im geräumigen Cockpit seiner Bavaria 40 Holiday wieder und haben einen Gin Tonic in der Hand. Lothar vom Nachbarboot gesellt sich auch noch dazu und es wird ein lustiger Abend. Natürlich sollte das nicht der letzte dieser Art sein. Ganz im Gegenteil, wir verbringen eine gesellige und überaus schöne Zeit auf unserer letzten Azoreninsel. Neben einigen Kleinigkeiten, die an Wanderling zu erledigen sind, bleibt auch genug Zeit um die Gegend zu erkunden. Am letzten Tag unseres Aufenthalts nimmt uns Jans lokaler Friseur seines Vertrauens mit auf eine Spritztour über die Insel. Im Rokordtempo fliegen wir quasi von einem sehenswerten Punkt der Insel zum nächsten. Da kann einem schon schwindelig werden aber es lohnt sich: Exakt zwei Minuten vor dem Sonnenuntergang finden wir uns am letzten Punkt, den Andre uns noch zeigen wollte ein. Bei ganz leichtem, sommerlichen Wind setzen wir uns auf die Lavafelsen und sehen den roten Feuerball im Atlatik versinken. Fantastisch. Und als wäre das noch nicht genug, lädt uns Andre noch zu sich zum Abendessen mit seinen Mitbewohnerinnen ein. Unser letzter Abend auf den Azoren endet mit einem total leckeren Dinner in irgendeiner Wohnung in Vila do Porto bei einer Flasche Rotwein mit neuen Freunden. Was will man mehr.


Azoren - Sao Jorge und Faial          (23.08.2021)

Nach der kräftezehrenden Ankunft mit mehrmaligem Umankern wachen wir morgens in vollkommener Ruhe auf. Die Ankerbucht von Velas auf Sao Jorge kommt uns im Vergleich zum lauten und schwelligen Hafen von Ponta Delgada wie das Paradies vor. Die Szenerie ist atemberaubend und dem kleinen, verschlafenen Nest will man die Bzeichnung „Hauptort der Insel“ irgendwie nicht so recht abkaufen. Beim Spaziergang durch die Marina treffen wir Stefan und Anne, alte Bekannte aus Porto, wieder und am nächsten Tag lernen wir Michael von der „Timbuktu“ kennen, der mit Geschichten von seiner 5-jährigen Südamerika Reise für spannende Abende sorgt. Wir fühlen uns wohl an diesem Ort…

 

Einige Tage später nehmen wir uns ein Herz und gönnen uns für einen Tag einen sündhaft teuren Mietwagen. Und das lohnt sich mal wieder. Über die Geologie und Flora können wir mal wieder nur staunen. Während das Hochland, welches das Inselinnere bestimmt, hauptsächlich als Weidefläche für die vielen Milchkühe genutzt wird, sind die steilen Küstenabschnitte durch (teils unberührte) Wälder und Parks gekennzeichnet. Spektakuläre Ausblicke eröffnen sich uns, als wir den armen kleinen Wagen enge Serpentinen herunter und wieder hinauf quälen.

 

Nach einer guten Woche auf Sao Jorge wollen wir weiter. Nach Horta auf Faial, dem Mekka der Nordatlantiksegler. Horta hat es von allen Häfen in diesem Archipel zu bemerkenswerter Berühmtheit geschafft, viele kennen sogar nur diesen Ort auf den Azoren oder assoziieren das ganze Archipel nur mit diesem legendären Hafen, in dem jeder Quadratmeter des Bodens, der Wände und Steine mit Bildern von Seglern bemalt sind, die hier einmal vorbeikamen und sich einen Gin Tonic in der ebenso legendären Hafenbar „Peters Cafe Sport“ genehmigt haben, bevor es weiter nach Festlandeuropa oder wo auch immer hin ging. Nach einem anfänglich leichtwindigen, später rasanten Spinnaker-Gang, bei dem ich „Friedhelm“ die Pinne dann doch lieber mal abnehme, ankern wir vor der Marina. Am nächsten Tag kommt der Hafenmeister längsseits, denn hier muss man fürs Ankern eine kleine Gebühr zahlen. Halb so wild. Wir hängen den Motor ans Dinghi, fahren an Land und als die Formalitäten geklärt sind, haben wir endlich Zeit, uns einmal umzusehen. Eigentlich fast wie die anderen Häfen auf den Azoren, aber ich fühle mich wie im Disneyland. Mit unserer Ankunft in Horta geht für mich ein lang gehegter Fahrtensegel-Traum in Erfüllung, denn von diesem Ort hatte ich schon in etlichen Reiseberichten gelesen, als das Thema Fahrtensegeln auf dem Atlantik noch in unerreichbarer Ferne schien. Das war vor vielen Jahren, ich war vielleicht 12 oder 13. Zu dieser Zeit begann ich, auf mein erstes Boot zu sparen.

Und nun standen wir wirklich hier, zwischen tausenden Zeichnungen von Seglern, jede eine eigene Geschichte erzählend. Einigen hatten mehrere Weltumseglungen hinter sich, Andere waren so wie wir noch „Neulinge“ auf dem Ozean. Viele der Bilder sind viele Jahre oder sogar Jahrzehnte alt und so einige Crews und Bootsnamen erkennen wir sogar wieder.

Für uns war ganz klar, dass wir uns hier auch verewigen würden. Also besorgten wir Farben und Pinsel, suchten uns einen der wenigen freien Flecken und machten uns an die Arbeit. Eigentlich war ein völlig anderes Motiv geplant, aber als Luisa der Pinsel ausrutscht und ein großer Klecks weiße Farbe im Dunkelblau des Meeres landet, ist klar, wie das Bild wirklich aussehen soll. Go with the flow, so wie unsere Reise…

 

Wir wollen nicht schon wieder so viel Geld ausgeben, daher verzichten wir dieses Mal auf einen Leihwagen. Die Tage vergehen mit Schnorcheln, kleineren Reparaturen und flüchtigen, aber schönen Begegnungen mit anderen Seglern. Häufig genießen wir das besondere Flair, dass dieser internationale Ort verströmt bei einem Gin Tonic auf der Hafenmauer vorm Cafe Sport und beobachteten den Pico in den Farben des Sonnenuntergangs.

 

Natürlich haben die Azoren sehr viel mehr zu bieten als den Hafen von Horta. Aber ich kann schon verstehen, warum dieser Ort für viele so eine starke Anziehungskraft hat.


Ankunft auf den Azoren...          (04.08.2021)

Die Überfahrt auf die Azoren verläuft relativ problemlos, wenn auch streckenweise sehr unkomfortabel. Amwind- und Halbwindkurse bei relativ hoher See und wechselnden Windstärken prägen das Erlebnis. Beide haben wir anfangs wieder mit Seekrankheit zu kämpfen. Ich gewöhne mich nach etwa 2-3 Tagen ganz gut an die Schiffsbewegungen. Bei Luisa dauert es etwas länger und beide werden wir den Sch*** bis zum Schluss nicht ganz los. Wanderling macht ihre Sache sehr gut, außer ein paar Kleinigkeiten gibt es keine nennenswerten technischen Ausfälle. Falls Euch die Überfahrt interessiert, schaut doch mal auf unserem Youtube-Kanal vorbei. Den Link dahin findet ihr auf der Startseite des Blogs.

 

Nach unserer Ankunft in Ponta Delgada Mitte Juli brauchten wir und unser Boot erstmal ein paar Tage Ruhe. Die Tage vergingen mit Polster trocknen, Wäsche waschen, Proviant bunkern und Schlaf nachholen. Vor allem Letzteres. Auf See habe ich immer das Gefühl, die 30 Minuten Schlafphasen, die ich mir zwischen den „Rundum-Checks“ gönne, reichen aus um mich halbwegs ausgeschlafen zu fühlen. Tatsächlich helfen die Power-Napps enorm, aber echte Tiefschlafphasen können sie wohl auf Dauer nicht ersetzen. Das merkt man dann an dem tagelangen Durchhänger und erhöhtem Schlafbedarf nach der Ankunft. Das herzliche Wiedersehen mit unseren dänischen Freunden Hendrik und Freja von der „Artemis“ verlängert sich um einige Tage und einige Kaffee und Kuchen Runden. Die beiden wollen rüber nach Galizien um von dort auf die nächste Atlantikrunde zu starten. Allerdings bläst es seit Tagen aus Ost…

 

Einen Tag nutzen wir, um die Ilheu de Vila zu besichtigen. Dafür geht es 11 Meilen an der Südküste Sao Miguels entlang, der Anker fällt vor der Insel auf 10m Tiefe. Tagsüber sind viele Badegäste auf dem kleinen, gefluteten Vulkan unterwegs und man lässt uns ohne Ticket nicht ins Innere des Kraters. Abends haben wir die Insel dann aber ganz für uns alleine und genießen wunderschöne Ausblicke von den Steilwänden und die artenreiche Tierwelt unter Wasser beim Schnorcheln in der kleinen Lagune.

 

Für die nächsten zwei Tage haben wir uns mal einen Leihwagen gegönnt. Der zu dieser Jahreszeit nicht ganz billige Luxus lohnt sich aus unserer Sicht trotzdem enorm. Die Insel ist wunderschön, sehr grün und geologisch spektakulär. Wir sind wirklich tief beeindruckt.

 

Auf unserer Suche nach einem neuen gebrauchten Außenborder lernen wir Norbert von der „Atma“ aus Deutschland und Sari von der „Olivia“ aus Norwegen kennen. Sari kann uns ihren Reserveaußenborder verkaufen und uns so enorm weiterhelfen. Aus der flüchtigen Bekanntschaft wird eine neue Seglerfreundschaft für die nächsten Tage. Mal wieder eine sehr intensive Zeit, Gespräche, die sehr lang und sehr tief gehend sein können, obwohl man sich erst seit vorgestern kennt. Typisch für die Langfahrtszene aus meiner Sicht. Jeder hat seine ganz persönlichen Beweggründe und Geschichten, die sie oder ihn zum Aussteigen aus dem „normalen“ Leben gebracht haben. Und jede Geschichte ist auf ihre Art interessant und inspirierend, besonders für uns, die wir einen großen Teil unseres Lebens hoffentlich noch vor uns haben und gerade dabei sind, den für uns richtigen Weg zu finden.

Spät Abends, nach der was weiß ich wievielten Flasche Rotwein, endet auch diese Begegnung wieder. Man wünscht sich eine gute Reise und hofft, dass man sich irgendwann mal wiedersieht.

 

 

Nach zwei Wochen auf Sao Miguel setzen wir wieder Segel. Unser Ziel ist die mittlere Inselgruppe um Faial und Pico. Letztendlich landen wir, nach 150 Meilen hoch am Wind und gegenan (dem Wetterbericht ist eben nicht blind zu vertrauen…) doch auf Sao Jorge. Das Ankern wird zur Herausforderung. Die Fläche ist klein und der Grund an vielen Stellen nicht geeignet. Fünf mal winschen wir das schwere Ding wieder an Deck, bevor wir endlich einen sicheren Platz mit genug Abstand zu den anderen Schiffen gefunden haben. Vor uns ragt die Steilwand mindestens 60 Meter auf. Hunderte Sturmtaucher leben darin und bescheren uns ein lautstarkes Konzert. Es gibt noch so viel zu entdecken in diesem fantastischen Archipel...


800 Meilen westwärts...          (31.07.2021)

 

Bis Anfang Juli bleiben wir noch an der portugiesischen Algarve, die sich für uns mittlerweile anfühlt wie eine zweite Heimat. Der „Guadiana Glue“ lässt uns so schnell nicht los: nachdem wir wunderschöne zwei Wochen dort verbracht und mit unseren Freunden an 40 Grad warmen Tagen von der Sonne gebraten wurden, hatten wir eigentlich beschlossen, wieder nach Culatra zu segeln, um Line (meine Schwester) dort für einen Urlaubstörn mit an Bord zu nehmen. Doch es kommt mal wieder anders… In Ayamonte kaufe ich Glasgelege und Epoxy, denn wir haben einige Risse in der oberen Aufnahme vom Vorschiffsschott entdeckt, die es zu verstärken gilt. Weil der Außenborder vom Dinghi kein Kühlwasser mehr fördert, hebe ich ihn zur Reparatur auf die Halterung am Heckkorb. Was beim ersten mal klappt, endet beim zweiten Versuch in einem Desaster: die labile Halterung klappt weg, der Motor rutscht ab und wir können nur noch fassungslos zusehen, wie einer unser zuverlässigsten Ausrüstungsgegenstände im fünf Meter tiefen, schlammigen Wasser des Rio verschwindet.

 

Also finden wir uns kurze Zeit später wieder auf der Anchorage in Alcoutim ein und werden in den darauf folgenden Tagen tatkräftig unterstützt bei unseren Arbeiten: Laminieren, auf dem Fluss kurzfristig erworbenen Schrottaußenborder zerlegen, Polster reinigen und so weiter und so weiter… Line wird im Endeffekt jedenfalls nicht wie geplant mit dem Dinghi aus Faro abgeholt sondern steigt nach langer Zugfahrt doch in Ayamonte zu. Zu dritt geht es weiter über Tavira nach Culatra, wo wir ein paar super schöne Tage zusammen verbringen, ehe Line aufgrund neuer Corona-Regeln leider vorzeitig abreisen muss.

 

Für Lisi und mich geht es weiter nach Portimao, wo wir Ben und Elena von der „Ohana“ wieder treffen und einen alten Außenborder geschenkt bekommen. Nachdem und Jan noch seinen Reserveaußenborder geliehen hatte, war dies nun Nummer drei der an Bord befindlichen defekten Dinghimotoren.

Ein paar Tage später sind wir wieder in Alvor. Es fühlt sich schön an, hier nach so langer Zeit wieder einzulaufen, fast, als käme man nach Hause. Der Anker ist noch gar nicht ganz eingegraben, da kommt schon unser alter Freund Reinhard mit dem Dinghi längsseits. Es werden ein paar schöne Tage in der Lagune, auch wenn wir dieses Mal nicht vorhaben, hier Wurzeln zu schlagen.

 

 

Am 6. Juli ist alles vorbereitet und das Wetterfenster könnte günstiger nicht sein. Wir sind ziemlich aufgeregt, denn vor uns liegt ein echter Blauwasserschlag: 800 Meilen nach Westen. Unser nächstes Ziel sind die Azoren!