Biskaya, Spanien & Portugal

Auf nach Spanien!          (31.05.2021)

Culatra ist insgesamt ein toller Spot für Segler, die Ankerfläche bietet viel Platz und guten Ankergrund und die Insel strahlt eine entspannte Atmosphäre aus. Als wir Culatra das erste Mal gesehen hatten, kam uns sofort der Vergleich zu Hiddensee in den Kopf. Nur halt Portugiesisch.

 

Bei 30°C und wolkenlosem Himmel machen wir uns an die Arbeit. Die neuen Solarpanele werden auf den Geräteträger montiert und die Achterkammer, die wir nur als Stauraum und Werkzeuglager nutzen, bekommt ein Regalsystem, sodass alles schön zugänglich und seefest untergebracht werden kann. Außerdem steht die Installation des Windpiloten an. Verglichen mit der Konstruktion an „Cisco“, an der ich alles selbst entwerfen musste und das Projekt im Ganzen mehrere Wochen Zeit in Anspruch nahm, ging die Montage der „Windpilot Pacific“ erstaunlich schnell und unkompliziert vonstatten. Wahrscheinlich muss ich aber noch den Heckspiegel verstärken, so richtig solide wirkt das Ganze irgendwie noch nicht.. Ist eben kein Stahlschiff mehr…

 

Nach ein paar Tage läuft die „Ohana“ auf die Anchorage ein, wir freuen uns total über das Wiedersehen mit Ben und Elena! Das letzte Mal lagen wir zusammen in Alvor vor Anker, da war tiefster Winter. Nun sitzen wir bei kühlenden Getränken unter dem Bimini und die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel.

 

Am nächsten Tag ist endlich guter Segelwind aus Südwest und wir beschließen, weiter zu segeln. Direkt hinterm Breakwater geht der Spinnaker hoch. Unser Tagesziel heißt Tavira. Allerdings kommen wir besser voran als gedacht und der Segeltag ist einfach zu schön, um in der Mitte abgebrochen zu werden. Kurzerhand beschließen wir, doch bis Ayamonte durch zu segeln. Da das nicht geplant war, finden wir uns wenig später bei absolutem Niedrigwasser in der Flussmüdnung wieder, wo die Wassertiefe nur 2 Meter beträgt. Mittlerweile ist die Sonne untergegangen und wir tasten uns im Mondschein mit 1-2 Knoten vorsichtig voran. Alles geht gut und eine Stunde später fällt der Anker etwas nördlich von Ayamonte in den Schlick. Das ist noch nicht mal ganz passiert, da kommt schon die GNR längsseits und fragt nach dem Woher und Wohin. Danach können wir dann endlich in die Koje fallen…

 

 

Am nächsten Tag motorsegeln wir den Fluss hinauf bis zu den letzten größeren Orten St Luca und Alcoutim. Wir ankern in der starken Strömung direkt neben der Mo, fahren zum Kaffee rüber und sehen kurze Zeit später Jan von der „beAtitas“ bei seinem Ankermanöver zu. Am nächsten Tag kommt auch die „Haipule“ wieder den Fluss runter nach Alcoutim und geht vor der „42“ von Jochen an den Steg. Und so ist unsere Alvor Winter-Community beinahe wieder komplett...


Zurück im Paradies...          (21.05.2021)

 

Wir sind zurück in Portugal und ein neuer Blogartikel überfällig! Für die, die es nicht mitbekommen haben, wir haben uns einen Monat Zeit für einen Heimatbesuch genommen, um in Deutschland Familie und Freunde wieder zu treffen und auch ein paar organisatorische Dinge zu regeln. Glücklicherweise konnten wir uns von einem Freund ein Auto leihen und hatten somit die Chance all die tausend Kleinigkeiten, die wir seit Rostock an Bord mitschleppen und nie benutzt haben, zurück nach Deutschland zu bringen und im Gegenzug die ganze neue Ausrüstung für „Wanderling“ sicher zum Boot zu transportieren. Ein Haufen sperriger Kram ist das: Windsteueranlage, Rettungsinsel, Solarpanele, ein neuer Anker… Das zu versenden wäre aufwendig geworden….

 

Zurück in Albufeira schlägt uns die Hitze mit 31°C entgegen. Kaum ein Lüftchen regt sich in der Marina, der wir unser Boot die letzten Wochen anvertraut hatten. Marinas sind eigentlich nicht so unsere Art, aber für Heimatbesuche die einzig wirklich sichere Alternative. Weil in Deutschland der Sommer auf sich warten lässt, sind wir die nächsten zwei Tage hauptsächlich damit beschäftigt, uns zu akklimatisieren und keinen Sonnenstich zu bekommen. Abends, wenn die Sonne an Kraft verliert, schleppe ich Kiste für Kiste eine Autoladung voll Zeugs an Bord. Die Achterkammer ist nun nicht mehr zu betreten und Steuerbords im Salon schlafen der neue Autopilot und die Solarpanele.

Am Donnerstag, den 20. Mai klopfe ich an die Scheibe vom Marina Office, schlucke nicht schlecht als ich noch mal 140€ nachzahlen muss und schleiche anschließend etwas geknickt zurück an Bord. Eine halbe Stunde später sieht man ein weißes Segelboot durch bleierne Flaute auf den Atlantik hinaus motoren. Wir sind wieder unterwegs! Die Sonne brutzelt vom Himmel und wir verkriechen uns unters Bimini, testen den Pinnenpiloten, den uns die Voreigner da gelassen haben und der seine Sache prima macht und genießen ein leckeres Frühstück auf See. Irgendetwas scheint mit dem Antrieb nicht so recht zu passen, denn mit 2000 Umdrehungen läuft unser neues Boot gerade einmal 3 Knoten. Ich tippe auf den „tollen neuen Propeller“, von dem mir der Voreigner mit strahlenden Augen erzählt hatte, und bin froh, dass wir mit etwas zeitlichem Puffer ausgelaufen sind. Nach sechs Stunden Geratter passieren wir dann endlich die Einfahrt von Faro, pünklich zum Niedrigwasser, biegen rechts ab und schmeißen den noch jungfräulichen Anker ins vier Meter Tiefe Wasser vor Culatra.

 

Erstmal baden! Die Abkühlung tut gut und kurze Zeit später sitzen wir im Dinghi, um uns die Beine zu vertreten. Anschließend erwischen wir Kurt und Silke von der „Mo“ gerade noch rechtzeitig beim Ankerauf gehen und zwingen sie, den Haken nochmal fallen zu lassen und Kaffee aufzusetzen. Es wird ein herzliches Wiedersehen, wir tauschen die „Cruiser-News“ der letzten Wochen aus und verabreden uns im Rio Guardiana in ein paar Tagen. Es fühlt sich fantastisch an, zurück zu sein!


Vom Hängenbleiben und unserem neues Boot...          (20.02.2021)

 

Moin! Wir melden uns mal wieder mit einigen spannenden Neuigkeiten, auch wenn seglerisch seit Weihnachten nicht wirklich viel passiert ist. Wir liegen immer noch in der selben Lagune in Alvor und verbringen die meiste Zeit mit Wassersport, Studieren, Entspannen, kleineren Reparaturen oder zusammen mit der Segler Community, die teilweise ebenfalls hier hängengeblieben ist. In Portugal ist Lockdown, dass heißt man kann nicht wirklich von A nach B segeln ohne Gefahr zu laufen gegen irgendwelche Auflagen zu verstoßen…

Wir haben die Zeit derweil genutzt und uns ein neues Boot zugelegt! Unser neues Projekt heißt „Wanderling“, ist eine Sadler 34 und war ein echtes „Corona Schnäppchen“. Mich von der Cisco zu trennen, auf der ich nun schon 5 Jahre lebe und reise, fällt wirklich nicht leicht, aber die Zeit ist nun gekommen und wir haben mit Toni aus Berlin zum Glück einen absolut würdigen Nachfolger gefunden, der unser altes Boot in ein paar Wochen wieder zurück auf den Atlantik steuern will.

Wir kümmern uns derweil schon mal kräftig um die Aufrüstung von Wanderling, denn wir haben natürlich wieder große Pläne und nach einem erneuten Heimatbesuch, den wir für April planen, heißt es für uns auch endlich wieder „Anker auf!“.

Meine Masterarbeit befindet sich bereits im Feinschliff und angesichts des drohenden Endes des Studiums, muss ich mich wohl nach einem neuen Hobby umsehen.. Momentan probiere ich mal als Filmemacher aus, um unser Bordleben (und bald auch wieder Reiseleben!!) für euch noch näher zu dokumentieren. Schaut gerne mal auf unserem neuen Youtube Kanal vorbei! Den Link dazu findet ihr auf der Startseite des Blogs.

 

Bis dahin, bleibt gesund und seid gespannt, wie es bei uns weitergeht. Wir sind es auf jeden Fall!


Winterschlaf in Alvor          (27.01.2021)

 

Es ist der 17. Oktober als wir unseren Anker in das trübe Wasser der Lagune von Alvor werfen. Viel Platz ist nicht um uns herum, die Ankerfläche ist brechend voll. Am nächsten Tag kommt der Sturm, mit mehr als 40 Knoten fegt er über die Bucht und beschert so manchem Ankerlieger stressige Momente...

In den kommenden Tagen bessert sich das Wetter immer mehr und fühlt sich bald wieder sommerlich an. Wir liegen zwischen der „Libelle“ und „Joschiki“ und verbringen die Abende abwechselnd mal auf dem einen und dann wieder auf dem anderen Schiff, meist mit einem Glas Rotwein (oder mehreren). Die Bucht entpuppt sich als sehr geschützt und wir beginnen zu verstehen, warum so viele hier stranden. David von der „Planesail“, den wir als nächstes kennenlernen, erzählt uns zum Beispiel, dass es jetzt schon 9 Jahre her ist, dass sich sein Anker hier eingegraben hat...

Auch wir wollen länger bleiben, denn ich muss mich langsam wirklich mal wieder meinem Studium widmen und außerdem bietet sich der Spot auch perfekt zum Kiten an! Es kommt, wie es immer kommt wenn man lange an einem Ort bleibt und bald kennen wir die ganze Bucht. Da hätten wir zum Beispiel Kurt von der „Mo“, der seine Rente in den sonnigen Breiten Europas und Nordafrikas an Bord seines 40 Fuß Katamarans verbringt und immer für einen netten Plausch beim grünen Tee zu haben ist. Ein paar Tage später finden wir uns im Salon der „Haipule“, einer Lavezzi 40, wieder. Bald hat sich das Kaffee und Kuchen Meeting am Sonntag, welches abwechselnd auf der „Mo“ und der „Haipule“ stattfindet, als festes Ritual etabliert. Auch unser alter Freund Tommi aus Rostocker Zeiten lässt sich hin und wieder in der Lagune sehen.

Einige Wochen später lernen wir zum ersten Mal eine segelnde Familie kennen. Bei dem einen oder anderen Drink im Salon der Najad 390 „Maratimi“ erzählen uns Ronald und Christina von ihren Plänen, in den nächsten Jahren mit ihren Kindern Matti (5) und Mira (3) die Tropen zu erkunden. Auch die vier bleiben noch für mehrere Monate in Alvor hängen, bevor sie sich dann zu Weihnachten zunächst Richtung Gibraltar und dann zu den Kanaren auf den Weg machen.

 

Überhaupt setzen fast alle Cruiser, die wir in diesen Wochen kennenlernen, ihren Törn beim nächsten geeigneten Wetterfenster Richtung Kanaren fort. Wir hingegen setzen im Dezember noch einmal Segel um die portugiesische Algarve weiter auf uns wirken zu lassen. Der einwöchige „Segelurlaub vom Segelurlaub“ führt uns über Albufeira nach Culatra, einer kleinen Sandinsel vor Faro, welche uns sehr empfohlen wurde. Nach einer katastrophalen Nacht bei 25-30 Knoten Wind und wild stampfendem Schiff (inklusive Ankermanöver mitten in der Nacht) verschieben wir Culatra kurzerhand und motoren 4 Meilen weiter nach Olhao, wo wir frech in der Lücke zwischen beiden Marinas ankern. Im Handbuch finden sich widersprüchliche Angaben zur Legalität dieser Ankerfläche, doch es ist Nebensaison und man lässt uns gewähren. Noch schnell über das Stegtor zum Einkaufen geklettert und schon am nächsten Morgen wagen wir einen neuen Anlauf für Culatra. Dieses Mal klappt der Landgang und wir unternehmen spontan eine Wanderung um die gesamte Insel, die uns ein bisschen an Hiddensee erinnert… Mit schönen Eindrücken, einem Sack voll eingesammelter Muscheln und etwas neuem Seelenfrieden im Gepäck verlassen wir am Abend die Harmonie dieses Eilands und motoren tiefer hinein in die Wattenlandschaft, die sich vor Faro und Olhao ausbreitet. Die nächsten drei Tage liegen wir eingeweht vom starken NNW in der Sicherheit einer Lagune, schauen uns Faro an und tippeln am Laptop.

 

Als der Starkwind endlich einmal eine Verschnaufpause einlegt, wittern wir unsere Chance, zurück nach Alvor zu kommen. Wir sind spät dran, denn Luisa‘s Familie reist zu Weihnachten an. Wir müssen also wohl oder übel einen ganzen Tag im Rattern einer arabischen Brise ausharren, bis wir die Einfahrt von Alvor am Horizont erkennen können, nicht ahnend, dass um die Ecke schon die nächste kleine Katastrophe auf uns wartet...


Ankunft in der Algarve!          (20.01.2021)

 

Der Ankerplatz in Sines überzeugt durch Sicherheit sowie Nähe zu Strand und Marina; lediglich der beständige Schwell trübt die Harmonie. Wir bleiben drei Tage, um auf ein Wetterfenster für den Sprung ums Cabo Vincente zu warten und lernen unterdessen Tobi von der „Libelle“ kennen, mit dem wir noch viele schöne gemeinsame Abende verbringen sollten…

Am 15. Oktober segeln wir gemeinsam mit der „AberAuchGut“ und „Joschiki“ in den Sonnenuntergang. Hinter der Außenmole erwartet uns statt den vorhergesagten moderaten Bedingungen ein Halbwind bei steilem Schwell von der Seite und 30 Knoten Wind. Nur unter kleinem Vorsegel rauschen wir mit Rumpfgeschwindigkeit der Nacht entgegen und verkriechen uns vor dem Regen unter Deck. Endlich mal wieder eine Nachtfahrt! Denke ich noch und sichte am Horizont ein paar grelle weiße Lichter, die nichts Gutes bedeuten. Fischereischiffe erkennt man auf See an der folgenden Lichterführung: Eine grell-weiße Supernova, die von ihren starken Deckstrahlern herrührt und keinerlei Rückschlüsse auf Kurs, Geschwindigkeit und Distanz des Bootes zulassen. Auf einer mager ausgestatteten Yacht ohne Radar, wie der unseren, bedeutet dies verkürzte Schlafphasen und konzentriertes Ausguck gehen. Ein besonders rücksichtsloser Vertreter dieser Zunft hält uns mitten in der Nacht in Atem, als er erst einige hundert Meter vor der Kollision sein AIS einschaltet und uns in aufgewühlter See somit freundlicherweise noch die Chance auf eine spontane Nothalse lässt.

Der Rest der Nacht verläuft ruhiger. Gegen Morgen werden die Fischer weniger und der Wind schläft immer weiter ein. Mir fehlt die Motivation, das Großsegel zu setzen. Stattdessen versuche ich etwas Schlaf nachzuholen, während Cisco im Morgengrauen mit 3 Knoten der Südwest Ecke Europas entgegen schleicht.

Unseren ersten Stopp in der Algarve legen wir bereits ein paar Meilen später ein. Der Anker gräbt sich in den Sand vor dem Praia da Mareta und wir fallen in die Kojen. Die Crew der „AberAuchGut“ war etwas ambitionierter beim nächtlichen Ausreffen und ist einige Stunden vor uns eingetroffen. Von Reinhard erreicht uns die Meldung, er sei auf dem Weg nach Lagos. Die Zigarren sind alle…

 

Die nächsten Tage vergehen mit Buchtenbummel in herrlichem Spätsommer Wetter. Noch einmal treffen wir uns mit Tilo, Leonie, Jonas und den Vanlifern am Praia Barranco und genießen bei Lagerfeuer und Musik dieses Gefühl des „Geschafft – Angekommen“.

1900 Seemeilen sind wir in den letzten drei Monaten gesegelt um hierher zu kommen… Erst spät in der Nacht schieben wir unser Dinghi wieder in die Brandung und liegen kurz darauf glücklich in der Koje.

 

Am nächsten Morgen dann direkt wieder Action. Die „AberAuchGut“ hat zu dicht am Strand geankert und wird jetzt bei Niedrigwasser von jeder Brandungswelle hart auf den Sand gesetzt, welcher 30 Meter weiter in steinige Felsen übergeht. Jetzt muss es schnell gehen. Wir übergeben unsere 50 Meter lange Ankerleine als Schlepptrosse. Zusätzlich wird ein Dinghi mit Wasser gefüllt und sorgt für Krängung der gestrandeten Yacht. Trotz geballter Kraft beider Maschinen brauchen wir über eine halbe Stunde um das schwere Stahlschiff Zentimeter für Zentimeter zurück ins tiefe Wasser zu zerren. Dazu gesellt sich auffrischender auflandiger Wind, der eine Legerwall Situation nach Lehrbuch erzeugt. Gerade als es richtig haarig wird, glückt das Manöver. Das war knapp…

 

 

Für uns geht es direkt weiter nach Alvor. Wir haben gehört, dass es dort eine geschützte Lagune geben soll. Der Wetterbericht redet von Sturmstärke für den kommenden Tag, als wir genüsslich bei Sommersonne und 4 Windstärken unserem neuen Ziel entgegen kreuzen. Die „AberAuchGut“ biegt nach Lagos ab. Wir laufen in die schwierige Einfahrt nach Alvor gerade rechtzeitig zu Hochwasser ein und werden direkt herzlich von Reinhard in Empfang genommen. Obwohl es uns hier auf Anhieb gut gefällt, ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass wir an diesem Fleckchen Erde für viele Monate hängen bleiben sollten... 


Portugals Westküste          (17.01.2021)

Noch eine gute Woche bleiben wir zusammen mit Reinhard in Porto, bis unser Monatsliegeplatz schließlich endet und wir weiter wollen. „Cisco“ dreht ihren Bug nach Süd und weiter folgen wir der Portugiesischen Westküste. Mittlerweile ist es Oktober und die hochsommerlichen Temperaturen haben sich auf spätsommerliche abgeschwächt. Wir sind einfach nur glücklich wieder auf See zu sein und lassen uns von einem auffrischenden Nordwind nach Süden treiben. Unsere nächste Station soll Sao Jacinto werden. Vor der Einfahrt wird in einschlägiger Literatur lauthals gewarnt, aber in der Nacht soll der Wind auf Sturmstärke zunehmen und wir lieber in einer gemütlichen Bucht vor Anker liegen. Also funken wir die Lotsenstation von Aveiro an, bekommen grünes Licht für unsere Ankunftszeit und finden uns wenig später in einem Hexenkessel aus kreuz und quer über das Vordeck brechenden Wellen, Stromschnellen und Regen wieder. Zur einsetzenden Dunkelheit gesellt sich ein Gegenstrom von ca. 5-6kn, der unser kleines Schiff trotz hoher Drehzahl auf der Stelle verweilen lässt. So stellt man sich doch ein harmonsiches Ausklingen dieses herrlichen Segeltages vor! Zwei Stunden und 800 Meter später fällt der Haken in den Schlamm vor Sao Jacinto, nicht unweit eines aufgegebenen Renn-Trimarans, und wir endlich in die Kojen. Der Anker hält in den nächtlichen Sturmböen leider nur mittelmäßig gut und als ich am nächsten Morgen mit aller Gewalt 50kg Seegras aus dem Wasser kurbele, wissen wir auch warum. Statt dem kleinen CQR verschwindet nun der völlig überdimensionierte Plattenanker in der Schlammbrühe und wir können uns endlich an Land wagen. Neben dem kleinen Örtchen vor dem wir liegen, nehmen wir uns auch die Zeit die Stadt Aveiro und unsere spanischen Nachbarn kennenzulernen. Nett hier!

 

Fünf Tage später sind wir wieder unterwegs. Über Figueira da Foz und Nazare geht es in Tagesetappen bis nach Peniche. Dort können wir wieder ankern, wenn auch im Atlantikschwell vor der Außenmole. Neben uns rollt die „AberAuchGut“ vor sich hin. Die Crew besteht aus Tilo, Leonie und Jonas, die in unserem Alter sind und in den nächsten Jahren die Weltumsegelung wagen wollen. Wir treffen sie wieder bei einer kleinen Strandparty am Abend, zu der befreundete Vanlifer Musik auflegen und die eine oder andere Flasche spendieren. Als wir nachts, ziemlich angetrunken aber happy, zurück in den Fischereihafen finden, in dem wir unser Dinghi gelassen hatten, erwartet uns ein schlimmer Anblick: Das gerade neu erstandene Gefährt hängt platt und lustlos an der Spundwand herunter. Zu kurz war die Kette, mit der der Motor gesichert war. Den scharfkantigen Muscheln hatten die dünnen PVC-Schläuche kaum etwas entgegenzusetzen. So bleibt uns nichts anderes übrig, als den langen Fußmarsch in die Marina in Kauf zu nehmen, wo wir über den Zaun klettern, Reinhard raus klingeln und dessen Dinghi klar machen. Als wir die traurigen Überreste unseres Beibootes endlich abgeborgen haben und endlich in die Koje fallen, dämmert bereits das Morgengrauen. Der nächste Tage vergeht in Katerstimmung…

 

In den kommenden Tagen entdecken wir Peniche, das Luisa bereits aus einigen Surfurlauben bekannt ist, flicken das Beiboot so gut es geht und treffen Matthes, der mit dem Van vor ein paar Tagen in Deutschland gestartet ist und ebenfalls nach Sonne und guten Wellen sucht. Noch einmal wird der Grill angefacht, Bier geöffnet und genossen, bevor wir den Anker an Deck zerren und weiter segeln. Zusammen mit der „AberAuchGut“ und „Joschiki“ geht es weiter nach Cascais, wo der Haken neben vielen Anderen in die Bucht hinab gelassen wird. Gemeinsam verbringen wir hier ein paar schöne Tage und lernen auch noch Jan von der „BeAtitas“ kennen, der uns großzügigerweise seine abgelegten AGM Batterien schenkt. Die haben wir auch bitter nötig, denn unsere letzte „Originale“ aus Rostocker Zeiten macht schon die Backen dick…

 

 

Doch für das Aufreißen langwieriger Baustellen bleibt keine Zeit. Reinhard hat einen Arzttermin in Portimao und auch wir freuen uns auf ein paar zusätzliche Grad Lufttemperatur. Über Sesimbra geht es weiter Sines, unserer letzten Station an der Westküste. Von hier aus wollen wir den vorläufig letzten Sprung nach Süden angehen. Nur noch lächerliche 70 Meilen trennen uns von unserem Traumrevier: der Algarve!


Heimaturlaub          (04.01.2021)

Drei Monate segeln trennen uns mittlerweile von unserem Heimathafen Rostock. Wir nehmen das zum Anlass uns mal einen Heimatbesuch zu gönnen, zumal wir unsere „Cisco“ ruhigen Gewissens in der Marina de Leixeos allein lassen können. Flüge sind rar und teuer momentan, zähneknirschend buche ich das erste mal in meinem Leben sogar noch eine Reiserücktrittsversicherung dazu. Das Infektionsgeschehen in Europa hat wieder zugenommen, man weiß ja nie…

 

Bis zur Abreise bleibt uns noch eine gute Woche Zeit, die wir zusammen mit den Crews der „Running Deer“ und der „Artemis“ mit Surfen, am Strand gammeln und abendlichen Ausflügen in das City Center von Portugals zweitgrößter Stadt füllen. Mit dem Zug fahren wir entlang des Rio Douro hundert Kilometer ins Landesinnere, bestaunen das Panorama und schmelzen in 35 Grad Hitze dahin. Ein spontaner Sprung in den Rio bringt auch nicht wirklich die erhoffte Abkühlung und so verholen wir uns in die nächstbeste Kneipe, bestellen Sangria und Pizza.

 

Mitte September ist es dann soweit. Ich schließe das erste mal seit Jahren das Schiebeluk ab. Noch ein kurzer Besuch zum Kaffee bei neuen Nachbarn. Unser Boot bleibt leise schaukelnd am Steg zurück als wir uns in der Mittagshitze zu Fuß auf den langen Marsch zur Bushaltestelle machen. Ein komisches Gefühl. Aber wir freuen uns auch sehr darauf, Familie und Freunde wieder zu sehen!

 

Dieser Flug ist anders als sonst. Nicht unbedingt weil jeder eine Maske trägt, daran hat man sich ja mittlerweile gewöhnt. Aber in den gerade mal vier Stunden die wir bis Deutschland unterwegs sind, liegt etwas Absurdes. All die teils hart ersegelten Meilen, durchwachte Nächte und tausend kleinen und großen Probleme die auf dem Weg auf jemanden warten, der die gleiche Strecke mit dem Segelboot zurücklegen will. Drei Monate Segeln, und jetzt sitze ich hier, höre ein paar Stunden Musik und schon bin ich wieder am Ausgangspunkt… Mir fällt auf, dass ich diese Erfahrung zum ersten Mal mache.

 

Die zehn Tage, die wir uns in Deutschland einräumen, sind vollgepackt. Aber diesmal nicht mit Arbeit und Terminen, sondern mit viel Qualitätszeit für Freunde und Familie. Ich bin überwältigt, wer plötzlich (und teils überraschend!) auf der Matte steht. Auch Luisa hat einen vollen „Terminkalender“. Und dann ist der Moment gekommen, an dem ich wieder auf Steg 4 stehe. Diesmal muss ich klettern, einen Schlüssel habe ich nicht mehr. Bekannte Gesichter. Wiedersehen. Viel zu erzählen. Aber ich bin ja verabredet! Peter und Katrin von der „Sommerwind“ haben zum Kaffee geladen. Die beiden mussten ihren Sommertörn coronabedingt etwas einkürzen. Stundenlang sitzen wir im Cockpit, trinken Bier und erzählen uns gegenseitig von ersegelten Momenten. Ein Blick auf die Uhrzeit, da dämmert es mir: Ich war doch noch wo anders verabredet! Also schnell wieder auf Steg 4. Den Rest des Abends und noch länger sitze ich nun noch mit Norbert an Bord der „Aves“. Eine Flasche Wein nach der Anderen geht über den Salontisch als wir bei tollen Gesprächen und harmonischen Klängen die Zeit vergessen. Man sieht sich ganz bestimmt im nächsten Sommer!

 

Die Zeit vergeht wie im Flug, in dem wir uns wenige Tage später wiederfinden. Und noch einmal die ganze Strecke im Zeitraffer… mir fällt es schwer das Ganze tatsächlich zu realisieren.

Der „Cisco“ geht es super. Sie liegt noch genau so da, wie wir sie verlassen hatten. Unsere Freunde von den anderen Booten sind inzwischen weiter gezogen. Dafür kommt eines Tages ein alter Bekannter um die Mole: Thommi wirft den Haken seiner „Nicetoy“ vor der Marina und wenig später finden wir uns zum Schnack bei ihm im Cockpit ein. Traumatisiert von einer Nacht mit Dieselheizungsbedarf hat er es leider sehr eilig und ist einen Einkauf und 50 Liter Wasser später schon wieder auf dem Atlantik.

 

Am Tag darauf der nächste vertraute Anblick: Reinhard hat es mit seiner „Joschiki“ tatsächlich bis nach Portugal geschafft! Was für ein Wiedersehen. Wir freuen uns sehr dass es unserem Freund den Umständen entsprechend gut geht und laden ihn direkt zum Mittagessen zu uns an Bord ein. Es gibt ja sooo viel zu berichten!


Coasthopping in Galizien         (30.12.2020)

Einen Tag in der Marina von Viveiro gönnen wir uns, holen ein wenig Schlaf nach und schleppen unsere Wäsche zum örtlichen Waschsalon. Neuer Proviant und Frischwasser wandern in den Bauch unseres kleinen Bootes. Viveiro ist ein nettes, authentisches galizischen Örtchen und wir beschließen, eine Weile hier zu bleiben. Meteorologisch passt das gut, denn es zieht gerade eine Kette Tiefs über die Biskaya, die tagelang immer wieder starken Westwind bringen.

Also verholen wir uns, immer noch etwas schlaftrunken, am Nachmittag auf die Ankerfläche vor dem Strand. Viel Platz hier und wirklich gut geschützt, dazu gut haltender Sandgrund. Perfekt!

Zwei Wochen lang erkunden wir zu Fuß die Umgebung, unternehmen ausgedehnte Wanderungen und genießen das entspannte Lebensgefühl, welches nun langsam aber sicher die ewigen Gedanken ans Strecke machen ablöst. Solange das Wetter uns gefällt, gibt es nun nichts mehr was uns hetzen könnte. Herrlich!

Während wir es uns in Spanien gut gehen lassen, erreichen uns schlechte Nachrichten von unseren Freunden aus Rostock, die sich gerade durch den Ärmelkanal kämpfen. Ein Sturm mit bis zu 50kn Wind hat Thommi‘s Autopiloten und Rheinhard‘s Großsegel auf dem Gewissen. Nicht so schön…

 

Ich repariere den Windpiloten und gönne der Hauptmaschine einen Service. Dann sind wir wieder bereit zur Weiterreise. Am 23. August sieht das auch Rasmus so und wir nutzen die Gelegenheit, bei herrlichstem Sommerwetter die nächsten 60 Meilen in die Ankerbuch von Ares zurück zu legen. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, liegt dichter Nebel über der Ria. Wir genießen die Stille mit einem frischen Kaffee und gehen dann Anker auf. Wieder ein Tagestörn, 55 Meilen bis Camarinas. Auf See begleiten uns immer wieder Delfinschulen, die Sonne brennt vom Himmel und uns geht es wunderbar. Schade nur, dass der Wind ein wenig schwächelt. Immer wieder brauchen wir die Maschine, und das heißt ja mittlerweile auch Handruder gehen. Ohne Bimini in der Mittagshitze eine echte Strapaze.

Gut durchgegaart erreichen wir schließlich die Bucht von Camarinas und fühlen uns landschaftlich nach Skandinavien versetzt. Die schären-ähnliche Uferstruktur, bedeckt von Nadelwald zusammen mit kleinen Stränden… hätte man so auch in Schweden wiederfinden können! Der Anker fällt neben ein paar anderen Yachten und wir lassen den Abend gemütlich ausklingen…

 

Am nächsten Morgen pulle ich in einer spontanen Eingebung das Dinghi rüber zu einem kleinen deutschen Katamaran, der spät abends in unserer Nähe den Haken geworfen hatte. Niclas und Andre von der „Running Deer“ sind von der Sorte Mensch, mit denen man sich einfach sofort blendend verstehen muss und außerdem in unserem Alter. Wir verabreden uns zum BBQ für diesen Abend. Auch die dänische Crew der „Artemis“ folgt der Einladung und es wird ein super entspannter Abend am Strand mit Lagerfeuer, jeder Menge Bier und guten Gesprächen. Wir verstehen uns super und so kommt es, dass wir die nächsten Wochen als Flottille zusammen der Küste weiter nach Süden folgen. Das berüchtigte Kap Finesterre passieren wir am Tag darauf bei Flaute, einer bleiernen See und dichtem Nebel. Der Anker fällt vor einem herrlichen Sandstrand direkt hinter dem Kap. Kurz nachdem Andre sich zum Ankunftsdrink zu uns ins Cockpit verholt hat, staunen wir nicht schlecht, als ein Fischerboot den Anker der „Running Deer“ zusammen mit ein Knäuel Hummerkörbe zu sich an Deck holt. Zum Glück geht alles glimpflich ab und wir können wieder die entspannte Atmosphäre eines weiteren ausklingenden Segeltages genießen.

Die Flaute nutzen wir am nächsten Tag zu einer gemeinsamen Wanderung hinauf auf die Steilküste. Leider ist es wieder sehr neblig und so können wir nur erahnen, welch atemberaubender Ausblick sich von der Spitze des Kaps eröffnen muss.

 

 

Der Wetterbericht verspricht Sonne und Nordwind. Im Morgengrauen zerre ich den Anker an Deck und schlage den Spinnaker an. Die kommenden Tage vergehen wie im Flug, die Wellen des Atlantik schaukeln uns dem guten Wetter hinterher und wir fühlen uns immer wohler im Bordleben. Das Reisen in der Gruppe erfordert zwar mehr Absprache, ist aber von vielen schönen gemeinsamen Momenten geprägt und gefällt uns daher sehr. Unsere nächsten Stationen sind Vigo, Viana do Castelo und schließlich Porto. Ja richtig, Porto! Wir haben die nächste Ländergrenze überfahren und befinden uns nun an der Westküste unseres vorläufigen Ziels: Portugal. Grund genug, sich einmal mehr ein „Ankommen“ zu gönnen und so buchen wir in der absurd günstigen Marina de Leixoes gleich mal einen ganzen Monat. Auf den Stegen sieht man Yachten aus aller Herren Länder, neben etliche Deutschen auch Französischen, Spanischen und Niederländischen wehen hier auch Amerikanische, Neuseeländische und andere exotische Flaggen an den Hecks. Internationale Atmosphäre liegt in der Luft. Und mittendrin dümpelt unsere kleine „Cisco“, und wirkt ein bisschen so, als könnte sie selbst immer noch nicht ganz glauben, dass sie es wirklich schon bis hierher geschafft hat.